Ich weiß gar nicht, ob es Robin Hoods Sherwood Forest wirklich gibt. Trotzdem habe ich das Gefühl, als mich der Zug auf der Station Whatstandswell (!) abgesetzt hat, das der hier irgendwo in der Nähe sein müsste. Mein Ziel ist das Cinch Tramway Village, das National Tramway Museum Englands. Bei Google sah das nicht weit aus, eine Karte am Bahnhof weist sogar den Weg. Doch ein Zusatz stimmte mich nachdenklich, da stand “Walking route to Crich Tramway Village 1 Mile…” (ja Okay, das war bekannt) aber, jetzt kommt’s “…up to a steep hill” Nun, bis zu diesem Tag kam das Wort ‘steep’ in meinem englisch Wortschatz nicht vor. Glücklicher Weise. Ich hatte nur Hill verstanden und dachte, klar Hügel, das geht schon. Dann ging es 100 m steil nach oben! Gut, da ich hier schreibe, habe ich es überlebt, habe die Herausforderung gemeistert… Ich Held! Aber es geht hier nicht um mich, sondern das Crich Tramway Village. Ein Straßenbahnmuseum auf dem Land! Das hat man nicht alle Tage!

Anreise kann, wie beschrieben über die Station Whatstandswell auf der Strecke Derby – Matlock erfolgen (eigentlich ein schöner Weg, wenn man fit ist!) oder mit dem Bus. Am einfachsten (bequemsten) ist natürlich das Auto.

  • Öffnungszeiten: das Museum ist über den Winter geschlossen
    • vom 17. März – 4. November 2018 täglich geöffnet (auf Webseite prüfen)
  • Adresse:
    • The National Tramway Museum
      Crich Tramway Village, nr Matlock,
      Derbyshire, DE4 5DP
  • Website offiziell 

Vor dem Rundgang will ich kurz auf die interessante Geschichte des Museums eingehen. Die geht auf das Jahr 1948 zurück, als die erste Straßenbahn für 10 Pfund gekauft wurde. Die Tramway Museums Gesellschaft gründete sich 1955. Seit 1967 befindet sich das Museum am heutigen Standort, einer ehemaligen Kalkmiene, die eine, von Stephenson (dem! Eisenbahnpionier) gebaute Industriebahn besaß. Nun muss das am Anfang recht öde gewesen sein, die Straßenbahnen im Wald hin und her fahren zu lassen, vor allem da dieses Verkehrsmittel auch nicht gerade für den Betrieb ausserhalb von Städten gemacht wurde, und so…hat man sich eben eine Stadt gebaut. Okay, keine richtige Stadt, wie kann man es beschreiben…ein ‘Potemkinsches Dorf’…ja, das paßt. 1995 wurde das Museum in die Liste des Nationales Erbe Großbritanniens aufgenommen…(zu Recht) So…

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Rundgang Crich Tramway Village

Nach einer Flasche Wasser sieht die Welt schon ganz anders aus (Erinnerung…’the steep hill’!). Nachdem man eine Jahreskarte (was anderes geht nicht) im Empfangsgebäude gelöst hat, geht es von der Seite auf das eigentliche Museumsgelände. Dann stand ich also auf einmal mittendrin, immer noch ein wenig träumend und wurde fast von einer Straßenbahn überfahren! Naaa…ja…! Ein erste Rundblick über das Gelände. Da gibt es diverse Häuser, eine gepflasterte Straße, eine Brücke, einen kleinen Platz! Da staunt man schon, was so alles möglich ist, wenn man Zeit und das nötige Kleingeld…Moment…das sind Spendengelder…

Gut…gut! Sowas gibt es da wo ich herkomme nicht. Historische Straßenbahnen schon, aber in der Größe, mit der Ausstattung…nein. Alle zwei Jahre mal eine Sonderfahrt, bzw. ein Wochenende der offenen Tür…das war es schon…! Aber hier…täglich geöffnet… Ich glaube, hier sind alle Fahrzeuge, bis auf die, die fest in das kleine Museum integriert sind, betriebsfähig. Am Besuchstag sind die Damen und Herren mit zwei Bahnen unterwegs (natürlich in historischen Uniformen). Stilecht muss auch bezahlt werden (ich glaub fünf Pence, bekommt man am Eingang mit). Mit der erhaltenden Fahrkarte, kann man den ganzen Tag hin und her fahren… Wem das denn doch zu öde ist, kann auch entlang der 1,3 km langen Strecke flanieren. Es gibt auch einen Wanderweg, den Woodland Walk & Sculpture Trail. Aber zurück zur Straßenbahn. Es gibt 4 richtige Stationen, wo man ein und aussteigen kann, die Bahnen verkehren je nach Besucherandrang, aber in der Regel alle halbe Stunde…excl. Mittagspause.

Ride the Tram

Klar, zuerst Straßenbahn fahren. Doppelstockstraßenbahn (!) oder wie der Einheimische sagen würde ‘Open Balcony Top-Covered Passenger Tram’… mhmm… auch nicht viel besser als mein ‘Doppelstockstraßenbahn’. Es ist schon so, dass ich in Großbritannien immer wieder überrascht bin, mit welcher Hingabe die ‘Freizeiteisenbahner’ unterwegs sind. Und ich meine das nicht abwertend, sondern sehe das mit vollster Hochachtung. Da werden alte Uniformen (nee…nicht alt, historisch!) angezogen, historischen Ritualen gehuldigt und… während der Fahrt stolz über die Arbeit, die Historie der Exponate usw. referiert. Gut, für mich ist das ein wenig viel Entertainment, aber die restlichen Mitfahrer sind sichtlich begeistert. Und so soll es sein.  Ich beobachtete derweil den Fahrer, der mit der Steuerung der Bahn zu tun hatte. In meinem romantischem Bild saß der Straßenbahnfahrer in seinem kleinem Kabuff und drehte entweder am Rad (wäre auch was für mich) oder trat auf nicht sichtbare Pedale. Doch der Herr beherrschte sein Metier durchaus. Habe hier ein Filmchen…:

Wer den Film bis zu Ende gesehen hat, wird sich sicherlich gefragt haben, warum der Mann dieses Gummiding da an den Haken hängt. Nun, damit werden die eingleisigen Streckenabschnitte gesichert. Nur wer diesen ‘Token’ hat, darf fahren. Echt simpel! Und keine Signale nötig.

Das Depot

Man kann auch durch das Depot schleichen und versuchen rauszufinden, ob die auf der Webseite genannte Anzahl von mehr als 80 Stück wohl stimmt. Kann man, muss man aber nicht, weil es völlig egal ist. Es sind eine ganze Menge! Zugänglich sind natürlich nicht alle 80. Ich glaube, man sieht die Fahrzeuge, die aktuell betriebsfähig sind. Sicher sind vor allem britische Fahrzeuge im Bestand, aber in der Bestandsliste habe ich auch eine Tatra aus Halle gefunden und, was mich freut, ein Reko-Triebwagen aus Berlin. Zwar passt die Nummer nicht zum Fahrziel, aber bitte, wir sind immer noch mitten in England. Angeschafft wurde dieser Triebwagen, um auch Barrierefrei die Strecke befahren zu können (mit Lift), doch wird die Bahn auch als Verstärker eingesetzt.

Das Museum

Ja…auch noch ein Museum… Schön angeordnet, werden durchaus alle Meilensteine des schienengebundenen Nahverkehrs gewürdigt. Der Worte ist genug gewechselt, lasst uns auch endlich Bilder sehn (ganz, ganz frei nach Goethes Faust) … Bitte sehr!

Fazit

Auch wenn es ein wenig mühselig zu erreichen ist, das Crich Tramway Village ist eine echte Empfehlung von mir. Und… zurück geht’s immer schneller (…weil Berg runter). Schön zu sehen, was alles möglich ist, wenn man denn nur will (und die nötige Mittel zur Verfügung hat). Wer mit dem Zug anreist, könnte sich, wenn es denn in den Zeitplan passt, auch noch die Ecclesbourne Valley Railway in Duffield ansehen. Hab ich leider zu spät gesehen. Aber, man kann eben nicht alles haben.

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