Vom Sofa nach Wales
Ich muss gestehen, dass ich auch mal gern auf der Couch sitze und einfach nur in den Fernseher gucke. Und hier beginnt auch der Bericht, auf der Couch! Ich suchte die Inspiration im Fernseher…und auf 70 Programmen lief nichts, was mir dabei half. Nur das 71., der SWR lockte mit ‘Eisenbahn-Romantik’! Gut…warum nicht. Die Folge war schon fast vorbei und ich sah nur die Lokomotiven…! Hab erst gar nicht mitbekommen, wo das überhaupt war…! Nach eingehender Recherche war klar, ich mußte nach Wales! Die Ffestiniog & Welsh Highland Railway erwarteten mich. Ein Doppeldate sozusagen…! Kurz auf der Karte geschaut…Ohhkayy…! Also…auf nach Porthmadog, einem süssen kleinen Städtchen hinter den sieben Bergen von Snowdonia! Und schon waren wir, mein Vater und ich (Teambuilding), auf dem Bahnhof Birmingham International. Der Plan, Porthmadog, Colwyn Bay (Llanudno), Holyhead, Fähre, Dublin, Enterprise Rail Service nach Belfast. Hörte sich nach Spaß an. Erwartungsvoll standen wir auf dem Bahnsteig, also zumindest mein Vater, dem ich vorgeschwärmt hatte, wie gut das alles so klappt in UK, wie nett die Leute sind. Dann kam Zug, aber leider nur ein halber! Aber nett war die Schaffnerin, die versuchte alle Passagiere halbwegs zu verteilen… Das Schöne, keiner regt sich auf, meckert oder sonst was. Naja, was soll’s…wir saßen zumindest am Fenster. 31 Stationen, 4 3/4 Stunden lagen vor uns. Gott, was hatte ich mir dabei gedacht. Nach passieren von Shrewsbury wechseln wir von England nach Wales. Wales selbst hat eigentlich nur noch zwei durchgehende Strecken, eine in Ost-West- (die wir heute nutzen) und eine in Nord-Süd Richtung, die ‘Heart of Wales Line‘. Auf der bin ich schon unterwegs gewesen… Es ging von Shrewsbury nach Swansea, vorbei an Orten mit völlig unaussprechlichen Namen, an Bäumen, vielen Bäumen und Schafen, ganz ganz vielen Schafen! Irgendwann bin ich wirklich eingeschlafen…!







Aber zurück zu unserem Zug, es geht südlich vorbei am Snowdonia Nationalpark und dann, die Küste immer im Blick, nach Norden… Wirklich spektakulär. Und dann, Porthmadog, das Royal Sportsman Hotel. So viele Hotels gibt es auch gar nicht, aber das Sportsman ist ein gute Wahl. Das Hotel wurde 1862 eröffnet und ist so richtig schön Englisch! Porthmadog selbst ist ein verträumtes Hafenstädtchen, das seine Existenz vor allem einem Herrn Madocks verdankt, der hier einen, heute würden wir sagen, Tiefwasserhafen für die in den Bergen ansässigen Schieferproduzenten bauen ließ. Der letzte Schiefertransport per Schiff verließ Porthmadog 1946, die Konkurrenz der (richtigen) Eisenbahn war zu groß und die Nachfrage zu gering.






Die (richtige) Eisenbahn hatte mehrere Strecken im Gebiet, von denen heute noch zwei laut Karte vorhanden sind, aber nur noch eine Strecke wird wirklich durchgehend befahren. Die Zahl der zuliefernden Schieferbahnen war ungleich höher. Hier ist noch die, in Teil 2 des Berichtes beschriebene Ffestiniog Railway vorhanden. Fangen wir aber mit der Welsh Highland Railway an (weitere Informationen hier). Es ist natürlich so, das der Betreiber (Eigentümer) der Welsh Highland Railway die Ffestiniog Railway ist. Warum ich das voran setze? Es gab in der in der jüngeren Vergangenheit, na sagen wir mal, einige Verwicklungen und Intrigen an denen die Ffestiniog Railway nicht unbeteiligt war. Lange wurde so der Wiederaufbau der Welsh Highland durch die Ffestiniog verhindert. Man fürchtete die Konkurrenz in Porthmadog. Erst nach langen Jahren und endgültiger Ruhestellung der ehemaligen Gesellschaft konnte nun mit dem Aufbau durch die Ffestiniog Railway begonnen werden. Von der ehemaligen Welsh Highland (jetzt umbenannt in Welsh Highland Heritage Railway) ist nur noch ein Bahnhof mit einer kleinen Ausstellung existent.
Welsh Highland Railway
- Streckenlänge: 40,0 km Schmalspur (600mm)
- ursprüngliche Eröffnung:
- in Abschnitten 1867, 1877, 1901
- Gesamtstrecke Dina-Porthmadog 1923
- Stilllegung: 1937
- Museumsbahn seit: 2011 (in Abschnitten seit 1997)
- Übergang zum öffentlichen Verkehr: Porthmadog, Caernarfon
- Fahrzeiten:
- Februar-Oktober: siehe Fahrplan
- November-Januar: eingeschränkt
- Fahrplan
- Website offiziell
- Historischer Abriss (Eigendarstellung Geschichte, englisch)
Noch ein Hinweis. Die Züge sind meistens gut besucht. (obwohl die recht viele Wagen am Zug haben). Man kann zwar die Fahrkarten am Bahnhof (unterwegs Zug) kaufen, kann aber auch über die Website buchen. Was man dort nicht kann, ist First Class buchen. Die wiederum kann ich aber nur empfehlen (komme ich später noch drauf zurück). Um in den Genuss dieses Spezialwagens zu kommen, kann man entweder anrufen (so man des Englischen mächtig ist) oder einfach eine Mail schreiben. Der hilfsbereite Kundenservice regelt die Buchung dann unkompliziert.
Es geht los!
Nun ist es nicht so, dass man England besucht, um schönes Wetter zu genießen. Aber deprimierendes Nieselwetter muss nicht sein. Doch so schnell lassen wir uns natürlich nicht den Spaß verderben. Vor allem wenn ich, sehe in welchem Wagen wir unsere Plätze haben. Aber noch sind die Lokomotiven nicht zu sehen. Lokomotiven? Der Zug der Ffestiniog Railway fährt ein wenig eher in die andere Richtung ab. Sehen wir uns auf dem Bahnhof um… Derweil wird rangiert. Es ist wie überall, wenn man ein bisschen herum rangiert werden kann, dann macht man das auch. Aber es dampft schon auf der anderen Seite des Cop’s, dem Damm Richtung Süden (Britannia Terrace). Dort befindet sich das Depot, die Boston Lodge Works.












Es ist wie ein Wunder… Die Sonne kommt genau in dem Moment heraus, als der Dampf am Horizont stärker wird. Da kommen sie… Sieht lustig aus…die Kleine mit einer richtig Großen. Bei der Kleineren handelt es sich um eine Lokomotive Bauart Fairlie, die den Zug der Ffestiniog Bahn bespannen wird (siehe Teil 2) und die Große, nun die ist für unseren Zug. Eine südafrikanische Class NGG16 Bauart Garrat! Die ’87’, unsere Zuglok heute, wurde 1937 von der belgischen Firma Cockerill gebaut. Insgesamt 5 Maschinen dieser Bauart sind bei der Welsh Highland im Einsatz. Lustiger Weise steht auch eine Maschine dieser Baureihe im Berliner Technikmuseum. Doch da geht sie zwischen den richtigen Lokomotiven ein wenig unter. Egal…Einsteigen! Zwar dachte ich, der frühe Vogel fängt den Wurm, aber die Plätze vorn (oder wenn man will hinten) waren wirklich die unseren! Geil!








Nun geht es wirklich los…! Auf nach Norden, vorbei am Snowden nach Caernarfon. Na schauen wir mal. Man könnte sagen, das sich die Lokomotive ein wenig störend auswirkt aber, erst mal wird Kaffee serviert…und dann…sieht die Welt schon anders aus. Und die ist grün! Richtig schön grün…! Aber besser wird das Wetter nicht, es nieselt vor sich hin, doch es wird nicht gemeckert, die Stimmung ist gut. Auch noch als der Endpunkt der Strecke erreicht ist.










Caernarfon
Nun also Nord-West Wales. Caernarfon zählt als die inoffizielle Hauptstadt Nordwales. Nicht einmal 10.000 Menschen leben hier. Ich würde ja sagen, eine typische englische Kleinstadt (obwohl mich jetzt die Waliser sicher grillen werden) eben. Na egal, bis ich wieder ma in Wales bin, ist sicherlich Gras über die Sache gewachsen…und wenn ich mir das Wetter ansehe, vermute ich, das das Gras hier schnell wächst. Vergessen wir jetzt mal das Gras, hier ist sowieso keins zu sehen…nur ein riesiges altes Castle. Mhmm, fragen wir doch mal Wikipedia… “Die Burg ist als Kulturdenkmal der Kategorie Grade I klassifizierte und als ‘Scheduled Monument’ geschützte Ruine gilt als ein herausragendes Beispiel für die europäische Militärarchitektur des späten 13. und frühen 14. Jahrhunderts und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO.” Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können. Die ganze Geschichte hier. Leider bleibt nicht genug Zeit, die Burg auch von innen zu besichtigen. Bleibt noch ein Blick auf die Meerenge von Manai, die Wales von der Insel Anglesey trennt.












Es geht zurück!
Sooo…keine Lok stört mehr unsere Aussicht. Und im Rücken spüre ich sie, die neidischen Blicke der Anderen…! Doch dann geht es los und die Landschaft lenkt alle ab. Aber das beste ist, der Regen hört auf und die Sonne erhellt unseren Weg. Theoretisch sollten man den Snowdon sehen, aber…ich weiß gar nicht wo der ist. Was nun auch nicht ganz so schlimm ist, also schaun wir mal…





















Leider war das Wetter nur partiell besser, Porthmadog war wieder im Niesel versunken. Nicht schlimm, der Tag war aufregend genug! Noch ein kurzer Rundgang am Hafen und dann war Feierabend! Der nächste Tag erwartete uns mit Sonnenschein und einer Fahrt auf der Ffestiniog Railway. Davon aber im nächsten Bericht. Nur noch ein paar Bilder der NGG16!





Fazit
Ich will nicht vorgreifen, aber der Besuch ist auf jedem Fall eine Bereicherung! Um ein vollständiges Fazit zu darzulegen, warten wir noch die Fahrt auf der Ffestiniog ab. Siehe dort!
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