Kirnitzschtalbahn

Wenn man denn schon in Dresden ist, sollte man sich einen Ausflug nach Bad Schandau nicht entgehen lassen. Hier erwartet uns nicht nur ein nettes kleines Städtchen mitten im Elbsandsteingebirge, sondern auch ein besonders Kleinod, die Kirnitzschtalbahn! Eine Überlandstraßenbahn ohne Superlative. Aber zurück zur Anreise. Zünftig sollte man natürlich mit dem Raddampfer von Dresden aus die Elbe aufwärts dampfen. Wenn die aus irgendeinem Grunde nicht fahren (wie mir passiert, Niedrigwasser), kann man natürlich auch die Bahn nutzen. Klar, oder das Auto! In Bad Schandau kann man jedoch nicht wirklich gut parken. Ich mag mir nicht vorstellen, wie das in der Saison ausschaut.

Geschichte

Die Kirnitzschtalbahn wurde im Jahr 1898 eröffnet. Von Anfang an diente die Bahn dem Fremdenverkehr. (heute sagt man nicht mehr Fremdenverkehr, da es negativ belegt ist, sondern Tourismus!) Nun schnell dieses unnütze Wissen abgespeichert und zurück zur Kirnitzschtalbahn. Das schöne Tal wurde schon immer gern von Wanderern durchstreift und so bot sich an, hier zu investieren. Wer letztendlich die Idee hatte, eine Bahn durch das Kirnitzschtal zu bauen, ist für mich nicht mehr ermittelbar. Heute würde man ganz gewiss die Besitzer der anliegenden Gaststätten verdächtigen, die so die Gäste besser und vor allem schneller in ihre Lokale locken konnten. So war die Freude bei allen Beteiligten groß, als die erste Bahn das Tal durchfuhr. Leider wurden die ursprünglichen Planungen nicht vollständig ausgeführt. So ist bis heute am Lichtenhainer Wasserfall Schluss, am unteren Ende konnte nie der Anschluss zum Bahnhof hergestellt werden. Interessant ist, das sich die Fahrgastzahlen zwischen 1920 und heute nicht wirklich verändert haben. Sicher gab es Einschnitte, so während und nach dem Kriegen, den Hochwassern, aber sonst pendeln die Zahlen bei rund 200.000 Besuchern jährlich. Trotz dem blieb die Bahn immer ein ungeliebtes Kind der Gemeinde und deren Verkehrsträgern, kostet doch die Erhaltung der Bahnanlagen Geld, dass man nicht hatte. Die technische Aufsicht hatte aber die Bahn stets im Blick und so kam es (auch nach Unfällen) zu längeren Sperrungen von Amts wegen. Auch wenn in diesen Fällen immer die komplette Betriebseinstellung im Gespräch war, so konnte sich die Bahn bis heute halten. Update 2020: Ich glaube eine Betriebseinstellung steht zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr auf der Tagungsordnung, entwickeln sich die Fahrgastzahlen in den letzten Jahren doch recht ordentlich. Hatte man 2016 noch 201.278 Passagiere zu vermelden, waren es 2019 schon 250.515! Eine Steigung von 25%, das ist doch was.

Bahn ohne Superlative?

Die Krinitztalbahn, die Bahn ohne Superlative? Sicherlich, wie reden über eine Straßenbahn, die zwar auf rund 8km Länge im Gebirge unterwegs ist, aber nur einen Höhenunterschied von 40m überwinden muss. Eine Fahrt dauert durchschnittlich 30min. Im Sommer fahren die Züge alle 30min, im Winter wird aber auch fast jede Stunde. Das bedeutet, das im Sommer immer 3 Züge im Einsatz sind. Gesichert wird die Strecke (hier habe wir mal ein Superlativ) mit dem sogenannten Zugstabsystem. Dieses wurde (erst) im Jahr 1973 eingeführt und ist in Deutschland nie so richtig verbreitet gewesen. Die Kirnitzschtalbahn ist wohl die letzte ihrer Art die dieses System in Deutschland noch nutzt. In England ist dieses System, vor allem bei Museumsbahnen noch recht weit verbreitet.

Fahrzeuge

Gefahren wird mit so genannten ‘Gothaer‘. Dies bezeichnet eine Triebwagenart, die in der DDR im VEB Waggonbau Gotha in großer Stückzahl produziert wurde. Die eingesetzten Triebwagen sind aus den Baujahren 1957-60 und im Laufe der Zeit von verschiedenen Betrieben gebraucht übernommen worden. Heute gibt es noch 3 Straßenbahnbetriebe die diese Fahrzeuge einsetzt (Woltersdorf, Naumburg). Die schon älteren Erwachsenen werden sich an die lauten Quietschgeräusche, die diese 2-Achser in Kurven verursachten, durchaus erinnern. Ach ja, die Berliner 2-Achser sahen/sehen zwar ähnlich aus, waren aber keine Gothaer Wagen, sondern (fast) Neubauten, die das RAW Schöneweide in den 60iger und 70iger Jahren anfertigte.

  • Strecke: Bad Schandau Kurpark – Lichtenhainer Wasserfall
  • Streckenlänge: 7,9 km Schmalspur (1.000mm)
  • Eröffnung: 27. Mai 1898
  • Stromsystem: 600 Volt Gleichstrom
  • Fahrzeiten: ganzjährig nach Fahrplan (Winter eingeschränkt)
  • Website offiziell

Es geht los

So man nun von Dresden einen Tagesausflug zur Kirnitzschtalbahn plant, könnte man zusätzlich auf dem Hinweg die Festung Königstein und auf dem Rückweg die Bastei besuchen. Beides sind bemerkenswerte und bekannte Sehenswürdigkeiten, an denen man, sozusagen, vorbei kommt. Ein wenig staut es sich in Bad Schandau, da jeder Besucher einen passenden / kostengünstigen Parkplatz sucht. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie sich diese Situation in der Saison darstellt. Jetzt aber egal, denn für mich gibt es einen Parkplatz in der Nähe der Haltestelle und so bin ich wie immer zufrieden. Die Bahn wartet schon auf uns. Uns, ja, ich habe ein paar Freude genötigt, mich zu begleiten. Habe ihnen vorgeschwärmt, das uns an der Endstation ein spektakulärer Wasserfall erwartet. (da wusste ich noch nicht, was uns erwartet!) Aber es ging los. Das Rumpeln hielt sich in Grenzen, da die Gleise doch recht neu sind. Das es ab und zu, vor allem auf Weichen, ein wenig hackt, liegt einfach an der zweiachsigen Bauweise mit dem recht großen Radstand. In den Augen der Mitreisenden war dementsprechend auch keine Panik zu erkennen. Man sollte Bergauf (Haha) auf der rechten Seite sitzen, kann man doch so das Tal des Flüsschens Kirnitzsch gut beobachten. Die Gleise der eingleisigen Strecke sind größtenteils auf der Straße verlegt, was vor allem auf der Rückfahrt zu interessanten Begegnungen führen kann. An der ersten Begegnungsstelle bleibt ein wenig Zeit, um sich im Wagen umzuschauen. Nicht nur normale Mitfahrer wie wir sitzen bzw. stehen im Wagen, sondern auch ‘richtige’ Wanderer. Das sind Leute in funktionalen Klamotten und mit Rucksack! Und so steigen doch an jeder Haltestelle ein paar Leute aus, um die Umgebung zu Fuss zu erkunden.

Der Wasserfall

Dann sind wir auch schon da, am Lichtenhainer Wasserfall. Was sofort auffällt, ist die Stille, die Vögel, die zwitschern, aber es fehlt das unverwechselbare Geräusch eines Wasserfalls. Mhmm! Das ist ja ein Ding, einmal umgesehen, es gibt nur ein Gasthaus einen Flachbau und die Wendestelle der Bahn, kein Wasserfall zu sehen! Wir entscheiden uns das Restaurant zu begutachten, gehen um die Ecken und dann, dann sehen wir ihn, den Wasserfall! Oder sagen wir lieber, die Touristenfalle! Wir stehen vor einem, vielleicht 3m hohen Steinhaufen. Oben sieht man ein Holzbrett, der den Bach aufstaut. Alle halbe Stunde zieht der Wasserfallwächter am Seil und unter Musikeinspielung fällt das Wasser eine halbe Minute. So schnell wie es begann endet es auch, zurück bleiben die Besucher mit fragenden Gesichtern. Stille, keiner sagt was! Dann geht das Gemurmel wieder los. Keiner ist sauer, alle lächeln. Nur mein Schweizer Kollege bemerkt beiläufig ‘Wir haben so viele Wasserfälle und da macht keiner so’ne Show’ Jahhh…nun… Die Erklärung steht eigentlich an einem Schild neben der Attraktion…und hätte uns auch gleich klar sein müssen… Die Schweizer sind schuld! Wer sonst! Aber in grauer Vorzeit, als Tourismus noch Fremdenverkehr hieß (siehe oben) wollte man einigen Schweizer Reisenden gefallen und hat sich diesen Wasserfall ausgedacht, damit die Leute an zu Hause erinnert wurden! Gut, mir jetzt egal! Das Restaurant wartet.

Zurück

Auf der Rückfahrt sollte man am besten so sitzen, dass man dem Fahrer gut über die Schultern blicken kann. Na geht das Drama oder der Spaß, je nach dem aus welcher Perspektive man die Sache betrachtet, los. Wie fahren auf der vermeintlich falschen Straßenseite! Es ist schön zu beobachten, wie lange es bei den entgegenkommenden Autofahrern dauert, bis die realisiert haben, dass ihnen da eine Straßenbahn entgegen kommt. Hektische Lenkbewegungen sind die Folge… Ich habe gut lachen, da es in Berlin auch eine Straße gibt, wo genau die gleiche Situation zustande kommt. Jetzt, während ich auf der dem Tal abgewandten Seite sitze, kann ich mir ein Bild darüber machen, wie eng und steil dieses Tal eigentlich ist. Wenn die Kirnitzsch zum reißenden Fluss wird, kann es hier bestimmt recht ungemütlich werden. Das ist, zumindest heute, nicht zu erwarten, die Sonne erfreut uns den ganzen Tag. Gut gelaunt erreichen wir die Endhaltestelle!

Fazit

Eingangs schrieb ich ‘eine Bahn ohne Superlative’ Das ist schon so, aber muss es wirklich immer spektakulär sein? Oder kann man nicht einfach mal die Langsamkeit genießen? Man kann. Ich finde gut, dass es die Kirnitzschtalbahn noch gib. Das es Menschen gibt, die sich um den Erhalt und den Betrieb kümmern. Menschen, die mir und anderen die Möglichkeit geben, auszusteigen, ein paar oder mehr Schritte zu Fuss zugehen, Luft zu holen. Ob die Fahrpreise nun angemessen sind? Auch wenn es ein Euro mehr wäre, die Besucher würden trotzdem kommen. Vielleicht und das wäre mein einziger Wunsch, sollte man die Bahn nicht so vor sich hin fahren lassen. Erst einmal wäre ein Audioguide gut, der über Geschichte und Geschichten rund um die Bahn und das Tal informiert. Wie man das nun macht, ob sich da einer hinstellt und erzählt, so wie ich das im Crich Tramway Village erlebt habe oder per Kopfhörer wie in Lissabon. Vielleicht wäre auch eine App am sinnvollsten (und kostengünstigsten), völlig egal. Aber ein wenig sollte man sich schon von einer normalen Buslinie abheben. Auch ein kleines Museum wäre schön. Schön ist zwar, das ein Wagen der Bahn im Straßenbahnmuseum Halle steht. Aber erstens ist Halle ja nun nicht gerade um die Ecke und die Öffnungszeiten sind nun auch nicht gerade… Gut, so ein Museum kann man nun nicht aus dem Boden stampfen, aber macht doch die Betriebswerkstatt auf, lasst die Leute da durchlaufen und gut ist. Gut ist, ein schönes Schlusswort. War ein schöner Tag!

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