Weißeritztalbahn Freital-Hainsberg – Kurort Kipsdorf
Nach meinen ersten Erfahrungen mit den sächsischen Schmalpurbahnen auf der Lößnitzgrundbahn, wurde ich geradezu magisch von der in der Nähe liegenden Weißeritztalbahn angezogen. Vielleicht sollte man diesen Betrag wirklich als Fortsetzung auf den der Lößnitzgrundbahn sehen, da ich hier auf gewisse allgemeine Betrachtungen verzichten will/werde.
SDG Sächsischen Dampfbahngesellschaft GmbH
Obwohl die Weißeritztal- und die Lößnitzgrundbahn und auch die Fichtelbergbahn gewiss einige Gemeinsamkeiten teilen, gibt es aber auch kleine, aber gewichtige Unterschiede zu vermelden. Auf der Hand liegt, alle gehören zur SDG Sächsischen Dampfbahngesellschaft GmbH. Diese hat es geschafft, viele Prozesse so zu vereinheitlichen, das es dem Fahrgast auf den ersten Blick nicht auffällt. Das sind viele kleine Dinge, wie das z.B. das Corporate Design (Markennamen, Fahrkarten, Webseiten). Das ist gut gemacht und bringt den erhofften Wiedererkennungswert. Zumindest beim interessierten Beobachter, dem Urlaubsgast, der ‘mal mit der Dampflok’ fahren will, fällt das wahrscheinlich nicht auf. Schlau wäre, eine Kombifahrkarte für alle drei Bahnen der SDG anzubieten. Ob die nun jemand kauft, ist dabei eigentlich egal, wichtig ist das der Fahrgast das auf der Tariftabelle sieht und sich sagt ‘Ach kuck mal, die gehören zusammen’. (hab nochmal genau geschaut…gibt es…SDG Kombifahrkarte)
Fahrzeuge
Die Lokomotivtypen und Wagen sind bei den SDG Bahnen austauschbar, die ‘Haupt’werkstatt befindet sich für alle in Freital-Hainsberg. Diese wurde/wird ausgebaut, um die nötigen Untersuchungen der eigenen Fahrzeuge selbst durchzuführen. Die SDG besitzt 7 Lokomotiven der Baureihe 99.73–76, eine der Baureihe 99.64-65 und 15 99.77-79. Es sind jedoch nicht alle Fahrzeuge betriebsfähig, die genaue Zahl lässt sich sehr schwer nachhalten. Die Zuglänge wird dem zu erwartenden Bedarf angepasst. Im Gegensatz zur Lößnitzgrundbahn, wo die meisten Fahrgäste nach der Hälfte der Strecke aussteigen (Moritzburg), wird die Weißeritztalbahn meist bis zur Endstation in Kipsdorf befahren. Aber nicht an der Ausgangsstation, sondern erst in Coßmannsdorf besteigen die meisten Passagiere den Zug. Dies mag an den Parkmöglichkeiten vor Ort liegen.
Die Geschichte der Weißeritztalbahn Freital-Hainsberg – Kipsdorf
Obwohl erste Bahn Projekte bis in das Jahr 1865 zurück reichten, so kann man doch die Keimzelle in dem, in Dippoldeswalde gegründeten Bahnbaukomitee sehen, in dem sich die Unternehmer der Stadt um bessere Anbindung an ihre Märkte bemühten. Aber erst 1876 konnte das Land Sachsen überzeugt werden, eine Bahn zu planen. Es wurden mehrere Streckenvarianten geprüft, jedoch konnte mit den zur Verfügung stehenden technischen Mitteln kein normalspuriges Projekt verwirklicht werden. Man entschied sich letztlich für die damals neue Form des Eisenbahnbaus, die Ausführung der Strecke in Schmalspur 750mm. 1880 begannen die Vermessungsarbeiten für die Strecke in der jetzigen Lage. Baubeginn war Mitte 1881 und der erste Bauabschnitt bis Schmiedeberg wurde im November 1882 dem Betrieb übergeben. Die Gemeinde Kipsdorf war im September 1883 erreicht. Somit ist die Weißeritztalbahn die zweitälteste Schmalspurbahn in Sachsen nach der von Wilkau-Haßlau nach Carlsfeld.

Obwohl bei der Projektierung der Strecke der Güterverkehr im Fokus stand, wurde die Bahn von Anfang an auch von der Bevölkerung rege genutzt. Als Achillesferse erwies sich die Streckenführung entlang des Flüsschens Rote Weißeritz. Was da im Normalfall leicht neben der Strecke dahin plätschert, kann im Hochwasserfall zu einem reißenden Fluss werden. Beim ersten Hochwasser nach der Eröffnung 1897 wurden 40 Brücken beschädigt oder komplett zerstört. Das Hochwasser 2002, mit ähnlich schweren Schäden, hätte fast zur Stilllegung der Bahn geführt. Hier konnten auch die Hochwasserschutz Maßnahmen, die zwischen 1909-32 zum Bau von Talsperren im Einzugsgebiet geführt hatten, nicht helfen. Beim Bau der Talsperre Malter musste 1932 die Strecke der Schmalspurbahn umgebaut werden. Ursprünglich führte sie durch das, jetzt unter Wasser stehenden Tal. Die weitere Entwicklung der Weißeritztalbahn war eng an das Erstarken der Industrie, der wachsenden Bevölkerung und des Ausflugsverkehrs geknüpft. Die Züge wurden schwerer, stärkere Lokomotiven wurden gefordert. Der anfängliche Rollbockverkehr (um normalspurige Güterwagen ohne Umladen zu transportieren) wurde schnell durch die modernen Rollwagen ersetzt. Bis Mitte der 30iger Jahre wurde die Infrastruktur der Strecke den neuen Erfordernissen angepasst. Jetzt konnten Züge mit bis zu 14 Wagen verkehren.
Betrieb in der DDR
Den Krieg überstand die Bahn ohne größere Schäden. Trotzdem gestaltete sich der Neuanfang schwierig, viele Lokomotiven waren abgestellt, ein Teil musste als Reparation abgegeben werden. Trotz allem ging es weiter, die Strecke wurde nicht nur von den Dresdnern für ihre Hamsterfahrten genutzt, sondern auch der einsetzende Berufsverkehr für die WISMUT sorgten für volle Züge. Im Schmiedeberger Ortsteil Niederpöbel wurde von 1947-54 mehr oder weniger erfolgreich Uran gefördert (WISMUT – Uran – Erzgebirge, eine interessante Geschichte). In den 50iger Jahren kamen die Ausflügler und Wintersportler zurück. Es wurden regulär 7 Zugpaare plus Sonderzüge in den Wintermonaten gefahren. Man hatte zu tun, aber in den 60igern kam es auch in der DDR (wie in allen anderen Ländern) zu Überlegungen, ob es nicht wirtschaftlicher war, Eisenbahnstrecken zu schließen und den Verkehr über die Straße abzuwickeln. Es wurde 1964 der Beschluss gefasst, bis 1975 alle Schmalspurbahnen zu schließen. Sofort wurden jegliche Inventionen zurückgefahren. Das wirkte sich vor allem auf die Infrastruktur aus. Die Fahrzeiten verlängerten sich, die Pendler stiegen auf die neu entstandenen schnellen Buslinien um. Doch auch wenn die Einstellung nur noch ein Frage der Zeit sein konnte, gab es zwei Probleme, die nicht gelöst werden konnten. Es fehlte nicht nur an Kapazitäten den Ausflugsverkehr mit dem Bus zu bewältigen, auch die Belieferung der Industrie konnte vom Kraftverkehr nicht gewährleistet werden. Alternativlos wurde die Weißeritztalbahn auf die Liste der zu erhaltene Touristenbahnen gesetzt! Doch die 70iger waren nicht die Zeit verpassten Inventionen nachzuholen. Nur Volkes Hilfe (Studenten, Mitarbeiter) liess die Bahn weiter fahren. Interessant ist, das die Deutsche Reichsbahn weiter die Einstellung des Güterverkehrs anstrebte. Diese Einstellung endete erst mit der ‘DDR Ölkrise’. Der Güterverkehr erreichte neue Höhen, teilweise musste zwei Lokomotiven vor die Züge gespannt werden…
Neue Herausforderungen
Das Ende der DDR brachte den größten Einschnitt in der Geschichte der Bahn. Durch Stilllegungen in der örtlichen Industrie (schön umschrieben) brachen von jetzt auf gleich die Leistungen im Güter- und Berufsverkehr weg. Nur der Ausflugsverkehr blieb bis zu einem gewissen Maße erhalten. Aber in dieser Zeit, wo sicher der eine oder andere über die baldige Stilllegung der Strecke spekulierte, begann die Deutsche Reichsbahn mit einer umfassenden Sanierung der Betriebs- und Infrastruktur. Nach der Verschmelzung der Reichs- mit der Bundesbahn konnten die neuen Verantwortlichen nicht verhindern, dass die gesamte Strecke nebst Fahrzeugen unter Denkmalschutz gestellt wurde. Das änderte aber nichts an der Tatsache, das die DB die Strecke möglichst schnell loswerden bzw. wenn das nicht möglich wäre, stilllegen wollte. Bevorzugt wurde eine kommunale Lösung mit Hilfe des Landes Sachsen. So richtig kam man hier aber nicht weiter, da die anliegenden Kreise / Städte kein oder wenig Interesse zeigten, sich zu beteiligen. Die geplante Stilllegung 1998 konnte zwar mit Hilfe des Verkehrsverbundes Oberelbe und einer Bahntochter verhindert werden, aber die Uhr tickte weiter.
Hochwasser
Und dann kam das Wasser! Im August 2002 kam es nach einem Mittelmeertief, einer sogenannten Vb Wetterlage (sprich 5 b) zu einem ‘Jahrhundert’ Hochwasser entlang der Weißeritz. Die Strecke auf ihrer gesamten Länge wurde so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass ein Betrieb nicht mehr möglich war.
Wiederaufbau 1 / Euphorie
Der 2004 geplante Wiederaufbau begann nach einigen hin und her erst 2007. Zuerst sollte der Teil von Freital nach Dippoldiswalde wieder hergestellt werden. Die Gelder sollten großzügig vom Bund und dem Land Sachsen aus dem Fluthilfefond zur Verfügung gestellt werden. Aber auch im Hintergrund tat sich einiges. Man hatte die Strukturen der Bahn auf den Prüfstand gestellt. Die Deutsche Bahn bzw. deren Tochtergesellschaft wurde die Bahn endlich los und übergab die Strecke der BVO Bahn GmbH, der späteren SDG Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft. Die ersten, knapp 18 Millionen Euro wurden unter der Maßgabe ausgezahlt, das die Strecke die nächsten 20 Jahre betrieben werden würde. Mit der Eröffnung dieses Abschnittes zum Jahresende 2008 wurden 6 Zugpaare eingesetzt.
Wiederaufbau 2 / Restriktionen
Für die Wiederinbetriebnahme des Abschnitts von Dippoldiswalde nach Kipsdorf mussten dann aber, recht große Einschnitte in Kauf genommen werden. Das Geld im Freistaat sass nun nicht mehr so locker, oder aber man hatte das Interesse an der Geschichte verloren, wer weiß. Für weitere Mittel musste das Angebot auf der gesamten Strecke eingeschränkt werden, eine durchgehende Fahrt bis Kipsdorf sollte nur in den Ferien und an besonderen Terminen möglich sein, die täglichen Zugpaare herabgesetzt werden. Und man ließ sich, das große Ganze vor Augen, darauf ein! Naja, seit dem 17. Juni 2017 ist nunmehr der durchgehende Verkehr von Freital nach Kipsdorf wieder möglich. Um die Betriebskosten gering zu halten, verkehren seit dem im Normalfahrplan nur noch zwei durchgehende Zugpaare und ein Zug bis Dippoldiswalde (also ein Zug zweieinhalb Mal hin und zurück)! Der gesamte Wiederaufbau hatte, nebst weiterer Gleiserneuerungen und Brückenbauten, 40 Millionen Euro gekostet.
Zahlen
Ist nun die Weißeritzbahn das Sorgenkind der SDG Sächsische Dampfbahngesellschaft mbH? Naja, kommt ein wenig darauf an, wie man rechnet (Wie immer, drehe die Zahlen so lange, bis es passt) Was die absoluten Zahlen betrifft, sind auf der Strecke die wenigsten Fahrgäste der drei Bahnen der SDG unterwegs. Nur knapp 133.000 Passagiere wurden 2019 gezählt. Wenn man ein wenig zurückblickt, stellt man fest, das die Zahl der Mitfahrer stark schwankt (2018 = 155.000; 2017 = 192.500; 2016 = 146.000). Das hat vor allem mit Verkehrseinschränkungen (Hochwasser, Bauarbeiten etc.) zu tun. Schaut man noch weiter zurück, z.B. auf das Jahr vor dem Hochwasser 2002 stehen noch 200.000 zahlende Passagiere auf dem Zettel. Nun sind die Erklärungen derer Vielfältig und sollen von mir auch gar nicht kommentiert werden, aber vor 2002 fuhren viel mehr Züge (6 Zugpaare zu den 3 heutigen). Also ist man hier eigentlich gar nicht so schlecht. Im Vergleich zu den Schwesterbahnen schwächelt die Weißeritzbahn jedoch was die Passagierzahlen betrifft trotzdem (2019 Fichtelbergbahn 245.000; Lößnitzgrund 275.000), aber man kann natürlich auch eine andere Rechnung aufmachen. Ich habe mir mal die Zahl der jährlichen Züge genommen (nach dem aktuell gültigen Fahrplan) und die Zahl der durchschnittlichen Reisenden pro Zug errechnet. Hier liegt die hier beschriebene Strecke immer noch auf Platz 3 mit 119 Mitfahrern pro Zug (Platz 2 für die Lößnitzgrundbahn mit 123 und Platz 1 für die Fichtelbergbahn mit 129) Wenn man nun jedoch zusätzlich noch den Fahrpreis ansetzt (für jeden den einfachen Normalpreis, ganze Strecke), sieht die Sache schon anders aus. Hier kommen wir pro Zug auf 1.487 € zu 1.006 € auf der Fichtelbergbahn und 971 € im Lößnitzgrund! Natürlich hinkt der Vergleich vorn und hinten, während auf der Weißeritz- und der Fichtelbergbahn die Besucher meist hin und zurück fahren, ist für meisten Gäste der Lößnitzgrundbahn schon in Moritzburg Endstation. Dies ist nicht berücksichtigt, auch kenne ich natürlich die Betriebskosten nicht, die ja bei unterschiedlichen Streckenlängen und zu bewältigenden Höhenlinien auch nicht zu unterschätzen sind. Naja, lassen wir das mal. Wichtig ist, das die SDG Sächsische Dampfbahngesellschaft einen kleinen Gewinn erwirtschaftet, wie und wo, sehe ich jetzt nicht als primäre Information an. Mit der Dampfbahngesellschaft habe ich mich im Bericht über die Lößnitztalbahn ausführlich beschäftigt.
Fakten Weißeritztalbahn
- Streckenlänge: 26,3 km
- Spurweite: 750 mm
- Steigung: 34,7 Promille
- höchster Punkt: 534 m
- Höhenunterschied: 350 m
- Kurvenhalbmesser: 50 m
- Website offiziell
Entlang der Strecke sind Parkplätze in ausreichender Anzahl vorhanden, die Anfahrt mit dem öffentlichen Schienenpersonennahverkehr ist den offiziellen Fahrplantafeln zu entnehmen.
Auf geht es
Nachdem der Pflichtteil abgeschlossen ist, wenden wir uns der eigentlichen Fahrt zu. Auch hier möchte ich eins voranstellen. Ich habe die Strecke an zwei Tagen besucht. Durch die wenigen verkehrenden Züge ist es nicht möglich, einmal mit dem Zug und einmal nebenher zu fahren. Aber selbst wenn man nur mit dem Auto unterwegs ist, man schafft es nicht, alle Bahnhöfe und interessanten Fotostandorte mit einem Zugpaar (also Hin- und Rückfahrt) abzubilden. Warum? Die im Wald versteckten Dörfchen werden meist nur von schmalen Stichstraßen erschlossen und die muss man nicht nur hin, sondern auch wieder zurück! Allrad!
Freital-Hainsberg
Startpunkt der Weißeritztalbahn ist der Bahnhof Freital-Hainsberg, der wiederum an der Strecke Dresden-Chemnitz-Werdau liegt. Das Bahnhofgebäude wurde 1904 im Zuge der Umgestaltung des Bahnhofs erbaut. Er zeugt zwar heute noch von einer besseren Zeit, aber eigentlich fristet das Haus nur noch ein Dasein im Schatten seiner Selbst. Während die Gleise der ‘richtigen’ Bahn hochgelegt wurden, sind die Schmalspurgleise ebenerdig zu finden. Von oben hat man einen guten Überblick über die Gesamtanlage, vom unteren Bahnsteig kann man gut in die Lokschuppen und Betriebsanlagen schauen. Die Lokomotive wird leider erst kurz vor Abfahrt des Zuges angekoppelt. Mein Zug hat heute 7 Wagen (1 Pack-, 5 geschlossene, 1 offener Wagen). Am Tag 2 meiner Streckenbesichtigung bildeten 10 Wagen diesen Zug. Leider weiß ich nicht, nach welchen Gesichtspunkten die Zuglänge ausgewählt wird, der offene ‘Aussichtswagen’ wird jedoch nur im Sommer eingestellt (Sommer ist in Sachsen vom 01. Mai – bis zu 30. September).
Freital-Coßmannsdorf
Pünktlich geht es los, die ersten anderthalb Kilometer verlaufen quer durch die Hinterhöfe und Gärten der Randbebauung. Schnell ist so der Haltepunkt Coßmannsdorf erreicht. Hier füllt sich der Zug merklich. Grund sind sicherlich auch die guten Parkmöglichkeiten im Weißeritz-Park, einem Einkaufszentrum, das auf und in den Gebäude einer ehemaligen Buntgarnspinnerei errichtet wurde. Das Dienstgebäude auf dem Bahnsteig ist ein Original aus der Zeit des Baues der Bahn. Nach Abfahrt steigt die Strecke merklich an und befährt nun den interessantesten Teil der Linie, den Rabenauer Grund.
Rabenauer Grund
Die Strecke folgt jetzt in wilder Fahrt dem Tal der Roten Weißeritz. Der Bach hat sich hier bis zu 80 m in die umgebenen Felsen eingeschnitten. Dicht am Hang, steigt die Trasse der Weißeritztalbahn allmählich an. 12x wird das Flüsschen überquert. Ein einzelner Felsen, der den Gleisen recht nahe kommt, wird passiert, es geht am Einsiedlerfelsen vorbei. Hier wurde ehedem ein Tunnel durchfahren. Der Name soll von einem hier in früherer Zeit lebenden Einsiedler her rühren. Nach 3,7 km quer durch den Wald ist der vielleicht schönste Bahnhof der Strecke erreicht, die Station Rabenau.





Rabenau
Naja, also nicht der Bahnhof ist schön, sondern seine Lage spektakulär, wie er da eingezwängt zwischen Fels und Wasser angelegt ist. Aber, es gibt immer ein aber… ist genau das der Station (zuletzt) 2002 zum Verhängnis geworden. Das Hochwasser zerstörte den kompletten Bereich. Wenn man sich heute umsieht, finden sich keine Hochwasserschäden mehr, das kleine Wasserkraftwerk, das Restaurant ‘Zum Rabenauer Grund’ (seit 1863) und das Hotel & Restaurant ‘Rabenauer Mühle’ (von 1235 – 1869 Mühle, seit 1830 Restaurant) strahlen im einstigen Glanz und laden zur Einkehr ein. Leider ist keine Zeit für Völlerei. So man nach dem eigentlichen Namesgeber der Station, der Stadt Rabenau Ausschau hält, wird man enttäuscht. Vom Zug aus ist die 2.000 Seelen Gemeinde nicht sichtbar. Der Bahnhof ist der niedrigste Punkt der sächsischen Stuhlmetropole, die sich am Südhang des anschließenden Höhenrückens erstreckt. (Bahnhof 249 m, höchster Punkt Rabenau 352 m) Wem jetzt das Wort Stuhlmetropole aufgefallen ist, ja, dieses kleine Bergstädtchen (mit deutschem Stuhlmuseum) hat sich in den Jahrhunderten hierzu gemausert. Wobei, ich glaube Möbelmetropole wäre richtiger. Obwohl mit dem Ende der DDR viele Betriebe schließen mussten, werden auch heute noch Möbel produziert. Interessant ist, dass die heutige ‘PM Polstermöbel Oelsa‘ (Polstermöbelkombinat Oelsa-Rabenau) in den 80iger Jahren ausschließlich für den Export produzierte (z.B. IKEA). Bis 1970 wurden die ‘Stühle’ auch über einen Bahnanschluss abtransportiert. Und damit schließen wir auch diesen Exkurs.






Spechtritz
Die Ausfahrt aus Rabenau krönt eine recht imposante Brücke. Die erst nach dem letzten Hochwasser im Jahr 2008 fertiggestellte Stabbogenbrücke mit 29 m Spannweite überbrückt hier an einer der engsten Stellen des Rabenauer Grund die rote Weißeritz und markiert die Grenze zum Spechtritzgrund. Bis zur nächsten Station kämpft sich der Zug durch die engsten Kurven der Strecke. Wenn man denn will, kann man das Geschehen vom Wanderweg gut beobachten. Am Haltepunkt Spechtritz gab es vor dem Hochwasser noch ein Beamtenhaus und eine Wartehalle, die beide zerstört bzw. wegen zu großer Schäden abgerissen wurden. Nur das Wartehäuschen wurde dem Original entsprechend wieder errichtet. Ähnlich erging es der ‘Spechtritzmühle‘ oder was davon noch übrig war. Die Mühle wurde das erste Mal 1536 erwähnt und ab 1831 (oder 1881, Quellen widersprechen sich) sukzessive zu einer Ausflugsgaststätte umgewandelt. 1990 wurde die Gaststätte geschlossen und der gesamte Komplex unter Denkmalschutz gestellt. Leider reicht es in vielen Fällen nicht aus, etwas unter Denkmalschutz zu stellen. Es folgte jahrelanger Verfall. Aus dem Dilemma half dann das Hochwasser, das die Spechtritzmühle fast vollständig zerstörte. Die Reste wurden dann 2009 beseitigt und ein schöner Rastplatz errichtet. Am Standort gab es eine weitere Mühle, hier für Kork. Die verfügte sogar über ein Anschlussgleis, dass bis 1986 bedient wurde. Auch hier, vom Wasser weggerissen. Noch ein wenig unnützes Wissen, bei Spechtritz (den Berg hoch) handelt es sich um ein Waldhufendorf! Ja, also ganz kurz zusammenfasst, die Grundstücke (Hufe = Hof) liegen sich an einer Straße gegenüber, vorn die Wohnhäuser, nach hinten raus die Felder. Wer hätte das gewusst/gedacht? Ich nicht, ich scheitere ja auch immer wieder an dem Begriff ‘Große Kreisstadt‘! Ach herrje, jetzt weiß ich es.







Seifersdorfer Grund
Nun verlassen wir den Spechtritzgrund und die Landschaft ändert sich, während auf der linken Seite weiterhin Felsen sichtbar sind, finden sich auf der anderen Seite nun Felder, wir durchfahren nun den Seifersdorfer Grund nebst Bahnhof Seifersdorf. Hier sind noch einige originale Bauten vorhanden, die gut gepflegt durch die ‘IG Weißeritztalbahn‘ daherkommen. Vor dem Bahnhof haben wir schon die alte Trasse der Weißeritztalbahn verlassen, die durch den Bau der Talsperre Malter verlegt werden musste. Der (neue) Bahnhof wurde 1912 eröffnet. Nach 2 weiteren steigungsreichen Kilometern ist Malter erreicht.












Talsperre Malter
Theoretisch würde ich sagen, aussteigen und die Staumauer der Talsperre Malter ansehen, aber durch die geringe Zugfolge ist das nicht sinnvoll, denn soviel gibt es dann auch nicht zu sehen. Die Talsperre wurde 1913 fertiggestellt. Sie zählt zu den Gewichtstaumauern nach dem Intze-Prinzip. Die Sperre dient der Wasserregulierung bei Hoch- und Niedrigwasser der Roten Weißeritz. Man muss sich das vorstellen, in Niedrigwasserperioden führt das Flüsschen 200 l/sek (1892) und bei Hochwasser 289.000 l/sek (1897).






Dippoldiswalde
Unser Zug strebt nun an den Ufern des Stausees und des Vorfluters Dippoldiswalde entgegen. Die Stadt, im frühen Mittelalter noch als Bergbaustätte bekannt, hat nach dem Ende der DDR fast alle Industriebetriebe verloren. Heute geht es wohl langsam aufwärts, zumindest hat man versucht, die Altstadt sehenswert zu gestalten Der Bahnhof der Weißeritztalbahn selbst ist relativ groß, was wohl dem regen Güterverkehr in der Vergangenheit geschuldet ist. Ansonsten endet hier (fast) der interessante Teil der Strecke.










An der Straße entlang
Weiter geht es immer in Sichtweite der B 170. Vorbei an Autohäusern, Lebensmittelmärkten und der Firma Sachsenküchen, die auf eine über 100jährige Tradition am Standort zurückblicken kann und somit fast als einziges Unternehmen die Wirren der Zeit überstanden hat. Die, die es nicht überstanden haben, sind am Wegesrand (Schienenrand) aber auch noch sichtbar. Bevor der Bahnhof Schmiedeberg erreicht wird, überquert die Weißeritztalbahn die Ortsmitte auf einem 191 m langem Viadukt. Schön anzusehen, verbirgt sich hinter der Natursteinverblendung schnöder Stahlbeton.









Schmiedeberg
Der Bahnhof Schmiedeberg scheint auf den ersten Blick überdimensioniert. Der Schein trügt auch nicht, sollte hier doch eine Stichbahn durch das Nebental nach Hermsdorf-Rehefelde bzw. ins böhmische Moldau anschießen. Die nach dem Nebental benannte Pöbeltalbahn wurde zwar nach langen hin und her 1912 genehmigt, die Bauarbeiten begannen jedoch erst nach dem Krieg 1921. Schon 1923 kam es jedoch zu einem Baustopp und 1925 zum endgültigen Ende der Bauarbeiten. Interessant wurde es im Tal noch einmal ab 1948. Hier begann die SDAG Wismut im Revier Niederpöbel mit der Suche nach Uran. Erst in einem Altschacht (Pearlschacht, Schacht 196) und später in einem zweiten, neuen Schacht (Schacht 348). Da die Ausbeute doch, im Vergleich mit anderen Revieren sehr bescheiden war (48-54 30,3 t), wurde der Abbau 1954 eingestellt. Auf den Güterverkehr der Weißeritztalbahn hatte der Bergbau an dieser Stelle keinen oder sehr geringen Einfluss, der Berufsverkehr war jedoch nicht zu unterschätzen.






Buschmühle
Das sah im nächsten Bahnhof ganz anders aus. Von dieser Station wurde die Gießerei Schmiedeberg bedient. Noch bis 1990 rollten hier die Güterzüge. Schon seit 1791 hörte man in Schmiedeberg die Eisenhämmer schlagen. Die jetzige Schmiedeberger Gießerei GmbH geht auf das Jahr 1839 zurück. In diesem Jahr erfolgte nicht nur die Gründung der Firma, sondern auch die Inbetriebnahme des ersten Hochofens. In der Zwischenkriegszeit war die Gießerei Teil des MIAG Mühlenbau und Industrie AG. Erst 1954 wurde man wieder ein eigenständiges Unternehmen, nachdem man bis dahin im Firmenverbund VEB NAGEMA (Nahrungs-(Na) und Genussmittel (ge) Maschinenbau (ma)) tätig gewesen war. Seit 1996 ist man Teil der DIHAG Holding.
Endstation Kipsdorf
Der Zug erreicht schnaufend den Endbahnhof der Weißeritztalbahn. Der ist für eine Schmalspurbahn relativ groß. Gleich sieben Gleise finden sich, wobei 2 am ‘richtigen’ Bahnsteig, zwei an einem Behelfsbahnsteig zu finden sind. Weiter gibt es zwei Abstell- und ein Umfahrungsgleis. Mit dem Bau des Empfangsgebäudes 1934 wurden die Anlagen in den heutigen Zustand gebracht. Wer will kann von hier aus wandern, Ski fahren (ja, nur im Winter) oder mit dem Bus nach Altenberg und von dort aus mit der ehemaligen Müglitztalbahn (heute RB72 und RE19) zurück nach Dresden zu fahren. Oder, auch spannend, die Weißeritztalbahn für die Rückfahrt nehmen. Da ich nun nicht der große Wanderer bin… zurück mit dem Zug! Aber zuerst noch zuschauen, wie sich jeder Dritte vor der Lok fotografieren lässt… Schön…






Zurück
Dann geht es zurück. Die verpassten Fotogelegenheiten noch einmal nutzen und ein wenig sitzen. Dabei kann man die Weißeritz beobachten und kann sich kaum vorstellen, welche verehrende Kraft dieses Flüsschen entwickeln kann. Ohne Katastrophen Tourismus zu unterstützen, ich würde sowas gern mal sehen… Das man daran gearbeitet hat, das Wasser zu bändigen, ist an vielen Stellen zu sehen. Man ist auf dem richtigen Weg, wie das Hochwasser 2013 hat gezeigt. Aber ob das nächste ‘Jahrhundert’ Hochwasser aufgehalten werden kann? Wir wollen es hoffen, denn ich glaube nicht, das die Strecke ein weiters Mal aufgebaut werden wird.
Fazit
Erstes Fazit für mich, der Bericht ist viel zu lang geworden! Trotzdem, ich stehe dazu. Man (ich) kann nicht über eine Strecke berichten, ohne Geschichten zu erzählen. Nur so ein paar Fotos und das war es, ist mir einfach zu wenig. Vor allem die Weißeritztalbahn oder um noch einmal den richtigen Namen, Schmalspurbahn Freital-Hainsberg – Kurort Kipsdorf, zu benutzen, hat eine interessante, erzählenswerte Geschichte. Aber gut, Ansichtssache. Klar ist diese Bahn eine Empfehlung, wenngleich natürlich der Teil Freital – Dippoldeswalde der Interessantere ist. Der Rest ist Straße! Meinem Vater und mir hat es zumindest Spaß gemacht.
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