
Wie sich (vielleicht) unschwer erraten lässt, bedeutet Suomen Rautatiemuseo finnisches Eisenbahnmuseum. Dies ist der zweite Baustein meiner Reise in den Nordosten Europas. Von Riga führt mich der Weg direkt in die finnische Hauptstadt. Leider nicht mit dem Zug, was aber rein technisch möglich wäre. (also an manchen Tagen via St Petersburg) Aber meine Zeit war doch ein wenig begrenzt und ein Visum für Russland wäre (zumindest) für diese Aktion zu aufwendig gewesen. Also Flieger. Also Finnair. Naja, operated by NoRRA. Nun bringt mich sowas nicht aus der Fassung, was ich aber gelernt habe ist, dass “die Letzten werden die Ersten sein” durchaus Realität werden kann. Das Fluggerät (sagt man wohl so) war eine ATR72-500 und die haben, von Propellern einmal abgesehen (ab und zu) vorn einen Frachtraum. Insofern ja nicht schlecht, wenn man aber Reihe 1 bucht und sitzt, schon etwas befremdlich, da man der letzte ist, der aus dem Flieger raus kommt. Gut ein wenig aufgeregt ist man ja immer, aber was ich vorher nicht wusste, dass der Airport Helsinki auf dem gleichen Niveau arbeitet, wie die Berliner Gegenstücke (In Schönefeld wird aus meiner Sicht lustiger weise das Gepäck vorsätzlich zurückgehalten, um den Ankommenden vorzugaukeln, man wäre ein richtiger Flughafen und da würde es eben dauern…ja und Tegel, da ist es einfach Unvermögen). Hier dauerte es eine geschlagene dreiviertel Stunde bis das Gepäck endlich erschien. Das ist insofern erwähnenswert, da von den 50 Leuten aus dem Flugzeug überhaupt nur 10-15 in Helsinki bleiben wollten.
In die Stadt
Vom Flughafen in die Stadt (Helsinki HBF = Helsinki) kann man sehr gut mit den Zügen der HSL/HRT fahren. Das sind, ich weiß gar nicht S-Bahnen, Vorortzüge? Jedenfalls langweilige Stadler FLIRT‘s. Aber darauf wollte ich nicht hinaus, die Fahrkarten kauft man am Automaten auf dem Bahnsteig. Problematisch für Neuankömmlinge ist die Auswahl der richtige Fahrkarte. Es gibt Zonenkarten, leider erschließt es sich nicht auf den ersten Blick, was gemeint ist. Auch der, bestimmt von einem ganz Schlauen designten, Übersichtsplan hilft da erst auf den dritten Blick. Wichtig, wenn man zum Hauptbahnhof will, durchfährt man zwar zwei Zonen, nimmt aber nicht das zwei Zonen Ticket, sondern das Regional Ticket für 5 €. Die Definition dieser Zonen ist für englisch sprechenden Außenstehenden recht verworren. Ja, aber wenn man des finnischen oder schwedischen mächtig wäre, dann, wird die Sache verständlicher (da heißen die Zonen Regionen)



Helsinki
Ich muss sagen, Helsinki hat mich angenehm überrascht. Warum? Irgendwie hatte ich mich von den Hotelbildern (IHG Group) inspirieren lassen, hatte gedacht, klar alles grau, liegt ja sowieso das ganze Jahr über Schnee und ist dunkel. Mitnichten, Helsinki gilt als eine Stadt des Klassizismus und des Jugendstils. Helsinki wurde relativ spät gegründet und erst Anfang des 19. Jahrhunderts Hauptstadt. Zu dieser Zeit wurde die repräsentativen (klassizistischen) Bauten rund um den Senatsplatz gebaut. St. Petersburg stand pate. Ob es nun stimmt oder nicht, für mich ist natürlich der Hauptbahnhof der bedeutendste Vertreter des Jugendstils in Helsinki (obwohl wohl auch Elemente des Neoklassizismus zu finden sind) Ich sehe sowas natürlich nicht, ich finden den Bahnhof einfach nur gelungen und, ja, schön. Der Bahnhof selber, wurde nach 15 jähriger Bauzeit 1919 eröffnet.




















Die Luftbilder habe ich von meinem Hotelzimmer aufgenommen. Das Hotel (Scandic) Seurahuone befindet sich seit 1914 an seinem Platz gegenüber dem Bahnhof. Es ist zwar kein klassisches Bahnhofshotel, besticht aber heute durch die (zwar renovierten), aber doch im Stil der Eröffnungsjahre gehaltene Einrichtung. Das betrifft nicht nur die Zimmer, sondern auch die Hoteleinrichtung insgesamt. Ob der gerade neue Eigentümer das zukünftig ändern wird weiß ich leider nicht. Dem Lift beispielsweise sage ich keine lange Lebensdauer voraus. 60 Jahre ist er schon im Hotel unterwegs und besitzt eine Eigenheit, es gibt keine Kabinentür! Das Hotel selbst, kann ich nur empfehlen, auch wenn mir ein Restaurant gefehlt hat, aber nun, vor der Tür bzw. nach ein paar Schritten gibt es genug Möglichkeiten zur Nahrungsaufnahme.






So genug herum geschwafelt, kommen wir zum eigentlichen Thema. Zu finden ist das finnische Eisenbahnmuseum Suomen Rautatiemuseo in Hyvinkää, einer kleinen Stadt rund 60km nördlich von Helsinki. Gut zu erreichen mit dem Auto (genug Parkplätze sind vorhanden) oder mit dem Zug. Vom Hauptbahnhof erreicht man Hyvinkää in 45min, der anschließende kurze Fußmarsch kann in 10min bewältigt werden. Eine Hürde ist am Anfang der Reise jedoch zu meistern, denn obwohl der Zug durch die Gesellschaft HSL/HTR betrieben wird, verlassen wir die Region Helsinki und benötigen eine Fahrkarte der VR, der finnischen Eisenbahn. Die zu lösen ist kein Problem, nur einen grünen Automaten suchen (die anderen sind blau). Die funktionieren wie alle anderen Fahrkarten Automaten auf der Welt, Ziel eingeben (ist schon vorgegeben, bzw. gibt es auch in Finnland nicht so viele Stationen die mit Hyv… beginnen) und bezahlen.
- Öffnungszeiten:
- Sommer 01. Juni – 31. August
- täglich von 10:00 – 17:00 Uhr
- Winter(!) 01. September – 31. Mai
- Dienstag – Freitag 12:00 – 15:00 Uhr
- Samstag – Sonntag 12:00 – 17:00 Uhr
- An Feiertagen und am/im Midsummer ist der Museum geschlossen.
- Sommer 01. Juni – 31. August
- Adresse:
- Hyvinkäänkatu 9, 05800 Hyvinkää, Finnland
- Website offiziell
Rundgang Suomen Rautatiemuseo
Vorab noch ein Wort zur finnische Eisenbahn VR Alles ist sauber und geleckt, die Bahnhöfe ebenso wie die Züge. Mal von den Flirt’s abgesehen, sehen auch die Lok’s der Baureihe Sr2 recht fesch aus. Wem die bekannt vorkommen, ja, die Maschinen sind von den Schweizer Baureichen SBB 460 und BLS 465 abgeleitet. Im Gegensatz zu diesen 46, zwischen 1996 und 2003, gelieferten Lokomotiven steht die Baureihe Sr1, die ab 1973 in Russland gebaut wurden. Seit 2016 werden neue Lokomotiven der Baureihe Sr3 in Dienst gestellt. VR hat 80 Siemens Vectron in der Hybrid Variante bestellt (+97 Optionen). Interessant ist auch der Triebzug Sm3/Sm6, der genau wie die Vectron ein wahrlich europäisches Fahrzeug. Der Neigetechnikzug adaptiert den italienischen ETR460 für den Einsatz in nordischen Ländern. (bin ich in Portugal, Italien und Slovenien gefahren). Das war es schon… Zusammengefasst kann man aber (ganz ganz leise) sagen, die finnischen Eisenbahnen sind doch eher langweilig!








Das war aber natürlich nicht immer so und damit sind wir auch mittendrin im Suomen Rautatiemuseo. Das 1889 gegründete Museum ist seit 1974 auf dem originalen Bahnhof Hyvinkää der Hanko–Hyvinkää Eisenbahn angesiedelt. Nicht nur der Bahnhof selber und der Lokschuppen ist erhalten, auch haben allerlei Nebengebäude auf dem Gelände die Zeit, schön restauriert, überdauert.

Das ist seit Anfang der 90iger Jahre so, als der Staat und die finnische Eisenbahn das Potential dieses Museum erkannten und einiges investiert, um den heutigen Stand zu erreichen. Dazu gehört auch ein Neubau, der durch eine große, geheimnisvolle Tür zu erreichen ist. Warum geheimnisvoll? Nun, man geht hindurch und ist sofort in einer anderen Welt, ein “wow” auf den Lippen.

Los geht es
Es öffnet sich die mystische Welt der Eisenbahn. Im Halbdunkel stehen die Schätze der finnischen Bahn, bunt und gut ausgeleuchtet… Im ersten Raum finden sich Fahrzeuge des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Hier spiegelt sich schön die beginnende Globalisierung wieder. Es gibt Schweizer, belgische und deutsche Maschinen zu sehen, aber natürlich auch eine Finnische. Der obligatorische Kaiserzug darf natürlich auch hier nicht fehlen. Kaiserzug? Finnland? Nun hatte Finnland in dem Sinne zwar keinen König, war aber lange Teil Russlands und somit einen Zar. Für den Fall, das der Zar seine Ländereinen besuchen wollte, wurde in Finnland ein Zug für ihn vorgehalten., da erst ab 1913 ein durchgehende Zugverkehr zwischen Finnland und Russland möglich war. Der Zug ist auf jeden Fall schön anzusehen und ja, ich glaube, das wäre auch der Erste (von denen, die ich schon gesehen habe) mit dem ich reisen würde! Da wir gerade bei Glaube sind, ich glaube auch gelesen zu haben (mein Finnisch ist nicht gerade perfekt), das die Fahrzeuge im Museum immer mal umgestellt werden, bzw. auch die Fahrzeuge die nicht zugänglich sind in die Ausstellung geholt werden.










Der nächste Raum widmet sich dem 20. Jahrhundert. Auch hier werden die Fahrzeuge dezent beleuchtet (was das fotografieren nicht gerade erleichtert). Zu sehen sind neben zwei Triebwagen, zwei Streckendiesellokomotiven (davon nur eine zugänglich) und eine Dampflok der Baureihe Tr2. Die 20 in Dienst gestellten Lokomotiven waren die damals stärksten Maschinen der VR und entsprachen der sowjetischen Baureihe E. Die ganze interessante Geschichte dieser Fahrzeuge hier! Die Triebwagen zeigen, dass die VR sich schon früh auf die sich verändernde Mobilität der Menschen einstellen musste. Mit der ersten dieselelektrischen Baureihe Ds1 wurde dem schon 1928 Rechnung getragen. Richtig in diese Thema stieg man aber erst 1955 ein, als die ersten, der 197 gebauten Dm7 in Dienst gestellt wurden (der Blaue). Diese Dieseltriebwagen waren mit Beiwagen in ganz Finnland anzutreffen.










Vorbei an diversen Personenwagen, die so ich gelesen habe, jede Epoche symbolisieren, geht es in das nächste Gebäude, den Ringlokschuppen. Hier wird einem erst bewusst, das die finnische Eisenbahn nicht immer langweilig war. Dicht gedrängt stehen die schmucken Lokomotiven nebeneinander. Ein wenig zu gedrängt für meinen Geschmack, aber manche Dinge sind eben so, wie sie sind. Das schöne Wetter (klar doch) lässt die Automatik meiner iPhone Kamera fast verzweifeln. Aber sind trotz allem doch ein paar schöne Bilder dabei. Ob die Lokomotiven wohl bei Veranstaltungen aus dem Schuppen gezogen werden…?













Leider sind wir jetzt schon fast durch. Aber nur fast, nun gilt es das Außengelände zu erkunden. Hin und her gerissen steht man da und fragt sich, wo als Erstes hin. Bahnhof Cafeteria oder Ausstellung. Gut, Bahnhof und Cafeteria erkennt man ohne Probleme, was sich in dem letzten Haus verbirgt sieht man erst, wenn man es betritt. Hier wird die Geschichte der finnischen Eisenbahn in Wort, Bild und Anschauungsobjekt behandelt. Das ist aus meiner Sicht auch ausreichend. Sicherlich wäre es für internationale Gäste hilfreicher, wenn die Anschriften auch in englisch verfügbar wären, aber in einem sowieso schon zweisprachigen Land würde das den Rahmen sprengen. Egal, ist trotzdem schön anzusehen. Die Inneneinrichtung des Bahnhofes ist in die Zeit seiner Eröffnung zurückversetzt worden, zumindest wurden allerlei Ausstellungsstücke aus Bahnhöfen zusammengetragen und ausgestellt, die die Arbeit (und Bahnbeamte) symbolisieren.
























Fazit
Leider werden die Berichte immer länger, sorry dafür. Ich bin da ein wenig im Zwiespalt mit mir selbst, nur die Museen zu beschreiben oder Museen und die zugehörigen Städte bzw. zu würdigen. Aber gut, ich weiß es noch nicht, wie ich mich zukünftig entscheide. Aber zurück zum Thema… Das Museum hat mich angenehm überrascht. Es ist wirklich eine Reise wert. Und, Finnland ist nicht weit weg, Helsinki eine schöne Stadt, warum nicht beides verbinden.