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Latvijas dzelzceļa vēstures muzejs, das lettische Eisenbahnhistorische Museum, ist heute das Thema. Ich muss zugeben, dass ich schon immer mal das Baltikum besuchen wollte. So richtig gepasst hatte es aber nie. Dann jedoch, hatte ich die vielleicht etwas eigenwilligen Idee, warum nicht eine Tour nach Riga mit Helsinki verbinden. Hauptsächliches Ziel waren natürlich die Eisenbahnmuseen, aber auch auf die Städte und die Eisenbahnen in den Ländern war ich gespannt. So stand ich 4 Wochen später in Schönefeld und beobachtete, wie immer völlig fasziniert darüber, was sich Menschen so alles bieten lassen, um in ein Flugzeug zu steigen zu dürfen, die Abfertigung der Maschinen unter freien Himmel. Nun kann man ja über Ryanair sagen was man will (mir persönlich sind die Sitze irgendwie zu eng), aber die (ausgebeutete) Besatzung zeigte keine Trauermine wie man das von LH Flügen kennt, sondern hatte echten Spaß! Die Mädels waren zwar gefühlte 16 (vielleicht wird ja mit Praktika noch Geld gespart?) und die jungen Männer auch nicht viel älter, aber wie das so ist, es wurde gelacht, gescherzt und es wurde sich gekümmert. Beispielsweise wurde fast verzweifelt versucht, die Familien mit zwei oder mehr (Klein-)Kindern, die bei der Buchung die 5€ für eine Sitzplatzreservierung nicht hatten aufbringen mögen, wieder zusammen zu setzen. Dramen schienen sich im hinteren Teil des Fliegers abzuspielen, trotzdem ging es pünktlich los. Respekt! (Das die eine eigene Treppe zu einsteigen haben, finde ich ja immer wieder geil)

Die 1201 von deutschen Kaufleuten unter Bischoff Albert von Buxthoeven gegründete Stadt Riga hat heute gute 700.000 Einwohner (Tendenz fallend). Die Innenstadt der Hansestadt ist gut erhalten und sehenswert. Anziehungspunkt der (vielen) Touristen sind unter anderem die fast in Originalzustand erhaltenen Jungendstilbauten. Die sind zwar wirklich schön anzusehen, aber, es gibt immer ein aber, so man auf den Hof geht…

Ja gut, ist es eben so, man kann in 25 Jahren nicht nachholen, was in Generationen vernachlässigt wurde. Dieses Gefühl wird man auch nicht los, wenn man den Bahnhof auf der falsche Seite verlässt. Da findet sich die Moskauer Vorstadt, und wenn man dann genügend Vorurteile hat, findet man das, was man erwartet! Das wahre Russland!

Apropos Bahnhof. Der nicht kleine Bahnhof zeigt, welchen Stellenwert die Eisenbahn in Lettland hatte und hat. Es gab Zeiten, da hielt man sich für den Nabel der Welt! Süss! So man den Bahnhof heute besucht, fragt man sich grundsätzlich, ob der überhaupt noch in Betrieb ist. Aber dann sieht man die Regionalbahnen auf Fahrgäste warten und es gibt auch internationale Züge. Das sind derer drei, wobei nur einer, der nach Moskau, täglich unterwegs ist. Ein weiterer ist Richtung Minsk fährt nur eingeschränkt und nach Sankt Petersburg kommt man im Kurswagen. Nicht doll, aber ich glaube hier sind die Entfernungen einfach zu groß und das Flugzeug zu billig. (Fahrt nach Moskau fast 17 h für 922 km, Preis ab 45€ Holzklasse bis 600-700€ Businessclass). Man sieht aber, das nichts mehr investiert wird und auf die geplante Rail Baltica gewartet wird. Dies ist eine Eisenbahn Neubaustrecke (größtenteils), die Warschau mit Helsinki verbinden wird/soll. Die Kosten trägt zum größten Teil die EU.

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Aber zurück zum Latvijas dzelzceļa vēstures muzejs, oder kurz Dzelzceļa Muzejs. Das findet sich nahe der Innenstadt und ist über die Düna Brücke auch zu Fuß erreichbar. Aber auch mit Straßenbahn und Bus ist das Museum gut erreichbar, zudem finden sich zahlreiche Parkplätze auf dem Gelände.

  • Öffnungszeiten:
    • Dienstag – Samstag 10:00 – 17:00 Uhr
    • Donnerstag zusätzlich – 20: Uhr
    • Sonntag / Montag und an Feiertagen geschlossen
  • Adresse:
    • Uzvaras bulvāris 2/4, Zemgales priekšpilsēta, Rīga, LV-1048, Lettland
  • Website offiziell

Rundgang Latvijas dzelzceļa vēstures muzejs

Nun kommen wir zu dem kleinen, aber feinen Museum. Ja gut, groß ist es nicht gerade, aber ist das Land ja auch nicht. Ich finde es angemessen und bin erstaunt, dass man hier auch einiges Geld in die Hand genommen hat, um der Eisenbahn einen angemessenen Rahmen zu bieten. Die 1994 begründete Sammlung wurde 2003 als Museum staatlich anerkannt und ist eine Abteilung der lettischen Eisenbahn. Schauen wir doch mal kurz wie sich das Museum so positioniert (Quelle Website): Die Aktivitätsstrategie des Lettischen Eisenbahnmuseums basiert auf einem mittelfristigen Planungsdokument, das für den Zeitraum 2013-2017 entwickelt wurde. Die Strategie wurde von den Mitarbeitern des Museums in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Kulturpolitik 2006-2015, der Museumsgesetzgebung, dem ICOM Ethikkodex für Museen, den strategischen Zielen und Aufgaben der Lettischen Eisenbahn, den Museumsbestimmungen, dem Auftrag und der Bewertung der Errungenschaften des Museums entwickelt Vorperiode. … Es wird mit der dynamischen Entwicklung der modernen Gesellschaft und der lettischen Eisenbahn aktualisiert, indem die wichtigsten Errungenschaften der Vergangenheit bewertet und bewahrt werden.” Ich musste das jetzt hier mal darstellen, denn solche Sprüche kenne ich noch aus der Ära des real existierenden Sozialismus. Na egal, wichtig ist, was am Ende des Tages herauskommt.

Innenbereich

Als ersten betreten wir den Eingangsbereich, der einem Bahnhof nachempfunden wurde. Hier sitzt, natürlich, ein Mütterchen und verkauft die Eintrittskarten. Sehr schön! Mit Bahnhof geht es auch gleich weiter. Der erste Raum thematisiert den Betriebsdienst in allen Facetten. Krönung für mich sind hier aber die Riechproben, die einen allerlei Bahnhofsgerüche erschnüffeln lassen. Weiter geht es im nächsten Raum mit der Geschichte der Eisenbahn im allgemeinen und der der lettischen Staatsbahn im besonderen. Hier wird vor allem der Zeitraum der Unabhängigkeit des Landes zwischen 1919 und 1940 dargestellt. Der letzten Ausstellungsraum wird vor allem von einer großen Leere bestimmt, die zum Zeitpunkt meines Besuches mit einer Kunstausstellung gefüllt wurde. Naja, man hat eben noch Reserven oder vermietet gern diesen Raum, warum auch nicht. Und schon sind wir durch. Was sich nach nicht so viel anhört, ist es auch nicht. Schauen wir nach draußen.

Außenbereich

Es ist natürlich nicht einfach, einen Museumsbestand zu füllen, wenn man erst so spät beginnen konnte. Aber dafür hat man auch alles rangefahren, was im Gründungsjahr und darüber hinaus noch zu finden war. Los geht der Rundgang. Was für gewaltige Maschinen auf (russischer) Breitspur unterwegs gewesen sein müssen, erschließt sich gleich, wenn man vor der ersten Lokomotive steht. Die Baureihe L war nicht mal die größte Lokomotive, aber eine der meist gebauten überhaupt. 4.200 Maschinen verliessen zwischen 1945-55 die sowjetischen Werkhallen. Als nächstes die TS (oder so ähnlich) jedenfalls eine deutsche 52, sehr hübsch in grün übrigens. Die Baureihe war bis 1985 im Planeinsatz. Die ausgestellte war bis 1990 im Bestand der lettischen Bahn und ist seit 1998 im Museum. Es ist schon erstaunlich, wie lange die, für fünf Jahre Betriebsdauer konzipierten, Kriegslokomotiven so durchgehalten haben.

Gut, Dampflokomotiven sind nicht mein Ding, Diesellokomotiven schon. Die TEP60 ist, wie soll ich sagen, eine baltische Lokomotive. Zwar für die sowjetischen Eisenbahn gebaut, waren die Schnellzuglokomotiven vor allem im Baltikum eingesetzt. Dahinter der, kann man das sagen, der Standard Reisezugwagen der ehemaligen Sowjetunion. Gut 30.000 Wagen in verschiedenen Typen wurden bis 1990 in der DDR gebaut. Eine weitere Diesellok finden wir weiter hinten. Hier handelt es sich um die Baureihe TE3. Zwischen 1953 und 73 wurden sage und schreibe 6.800 dieser, für den Güterzugdienst konzipierten  Maschinen gebaut! Beeindruckend ist das schon…!

Aber…das Schöne kann nicht nur zwei Beine haben, sondern auch 6 Achsen! Und das ist sie, die WL26, eine wirklich schöne Lokomotive. Sicherlich ‘nur’ eine Rangierlok, aber… Idee und Entwicklung stammen aus Riga und die WL26 war im Jahr ihrer Entwicklung  1966 ihrer Zeit weit voraus. Eine elektrische Lok mit Akkus für, nun heute würde man sagen, die letzte Meile. Die Idee war gut, die Umsetzung noch nicht perfekt, wie man auch an der Anzahl der wirklich gebauten Maschinen sieht. Leider wurden nur 10 Stück dieser wirklich formschönen Lokomotive produziert.

Was gibt es sonst noch. Interessant ist der Gleichstrom Triebzug ER2. Mitte der 60iger für die Vorortstrecken rund um Riga gebaut, zeigt er, welches Design dieser Zeit eigen war. Hat was. Und ich glaube sogar, das diese ab 1962 gebauten Züge noch irgendwo im Einsatz sind. Schon sind wir fast durch, es folgen noch ein paar weitere Lokomotiven und Bahndienstfahrzeuge.

Fazit

Das Latvijas dzelzceļa vēstures muzejs ist ein schönes Museum, dem man ansieht, dass es in Lettland Menschen gibt, die die Eisenbahn zu schätzen wissen und vor allem, die auch die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um alles zu erhalten. Ich kann das Museum empfehlen und erinnere mich gern an den Besuch. Ob man nun jedoch extra nach Riga reisen muss, sollte jeder für sich selbst entscheiden. In der Kombination Stadt und Museum ist die Reise aber lohnenswert!

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