
Wenn man im Südwesten Englands mit der Bahn fährt, stolpert man recht schnell über den Namen Isambard Kingdom Brunel (der Typ mit dem Zylinder auf dem Titelbild). Um so mehr, wenn das STEAM Museum of the Great Western Railway in Swindon auf dem Programm steht. Das Museum befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Swindon Railway Works, Swindon selbst an der Great Western Strecke Bristol/Cardiff – London Paddington. Das Museum wurde an dieser Stelle im Jahr 2000 eröffnet und ersetzt das 1962 gegründete Great Western Railway Museum, das an anderer Stelle beheimatet war.


Eins vorweg, ich habe hier eine Erfahrungen mit Karten und Weg Beschreibungen gemacht, die ich unbedingt weitergeben muss. Ich bin ja auch so einer, ein Blick auf die Karte ‘klar finde ich das’ und los marschiert. Die Richtung ist vorgegeben… Aber, auch wenn es so scheint, das es kürzere Wege gibt, um das Museum zu erreichen…man sollte sich hier nicht täuschen lassen…nicht immer ist der Weg das Ziel. Also, rechts aus dem Bahnhof und dann immer gerade aus. Das geht ein ganzes Stück so, erst an einer ‘richtigen’ Eisenbahnbrücke wieder nach rechts und dann… dann einfach quer durch das Einkaufzentrum! Ja richtig gehört, der größte Teil der ehemaligen Swindon Railway Works ist jetzt ein Designer Outlet! Da ist ja nun an sich nicht schlechtes dran, und man selbst kann für sich festlegen, ob das nun ein Museum mit Einkaufzentrum ist oder ein Designer Outlet mit Museum! Für mich war das erst einmal egal, denn ich kam aus einer komplett anderen Richtung und habe meinen Fehler erst nach Abschluss des Besuches erkannt. In dem Moment aber hatte ich wiederum mit ganz anderen Problemen zu kämpfen… Es regnete wie aus Eimern…klar mit ein wenig Niesel muss man in England schon mal rechnen…aber DAS hatte ich nun auch noch nicht erlebt. Starkregen und Wind von vorn…! Der Schirm versagte vollständig. Als ich am Bahnhof ankam, war ich komplett nass. Die Entscheidung die daraus folgte, war bitter…das nächste für diesen Tag geplante Museum musste ausfallen! Und ich zurück nach Bristol. Glücklicherweise fahren in England recht häufig Züge und so konnte ich drohende Spätfolgen (schwere Erkältung) vermeiden und so war Zeit für eine heiße Dusche nebst einem kleinen Mittagschläfchen.
Natürlich muss man nicht mit dem Zug anreisen, bedingt durch das Einkaufszentrum sind genügend Parkplätze vorhanden.
- Öffnungszeiten: Montag – Samstag 10 -17 Uhr; Sonntag 11 – 16 Uhr
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Adresse:STEAM – Museum of the Great Western RailwayFire Fly Avenue (off Kemble Drive)Swindon SN2 2EY
- Website offiziell
Isambard Kingdom Brunel
Bevor wir uns dem Museum widmen, noch ein Wort zu dem Herrn Brunel (1806-1859). Wer war das denn eigentlich? In Deutschland hat (sollte) man zumindest von James Watt (Dampfmaschine) und George Stephenson (nein, der hat nicht die Eisenbahn erfunden, sondern das Eisenbahnwesen begründet) gehört haben. Brunel müsste man aber mindestens in der gleichen Kategorie, der der genialer Ingenieure und Visionäre, nennen. Ihn zeichnete aus, das er nicht nur Ideen hatte, sondern diese Visionen auch (meistens) erfolgreich umgesetzt hat. Wenn er scheiterte, dann nur an der Zeit, die noch nicht reif war, der Zeit, die er nicht hatte… Er baute als Chefingenieur die Great Western Railway (London Paddington – Bristol – West- / Südwestengland / Südwales), setzte sich durch, diese breitspurig (2.140mm) auszuführen, obwohl alle anderen Bahnen auf Normalspur (1.435mm) fuhren, löste damit den ‘Spurweitenkrieg’ aus. Den hat er letztlich zwar verloren, aber hat es dennoch 50 Jahre gedauert, bis das letzte Gleis umgebaut war. Er war verantwortlich für den Bau von fast 1.500 km Strecken, baute die Bahnhöfe London Paddington, Bath und Bristol Temple Meats (und noch ein paar mehr).









Imposante Brücken gehören zu seinem Werk, so die Clifton Suspension Bridge, eine Kettenbrücke, sein erster großer Auftrag, die erst nach seinem Tod fertig gestellt werden konnte und die Royal Albert Bridge, eine imposante Eisenbahnbrücke am Übergang zwischen Devon und Cornwall in Plymouth.


Ein weiteres Projekt, das er als 20 jähriger von seinem Vater übernommen hatte, war der erste Themsetunnel in London. Als Fußgängertunnel geplant, dauerte es über 20 Jahre(!), um das Projekt fertigzustellen, aber… Der Tunnel ist heute noch in Betrieb! Zwar in der Zwischenzeit verändert und den Erfordernissen angepasst, ist er heute Teil von London Overground (zwischen Wapping und Rotherhithe). In Rotherhithe findet sich nicht nur ein kleines Brunel (Tunnel-) Museum, auch sind in der Station noch Spuren des Original Tunnels zu besichtigen.






Seine Weitsicht führte ihn auch zum Schiffbau. Die Idee…die Welt mit London via Bristol und der Great Western Railway zu verbinden. Also mussten Schiffe her. Als erstes Schiff entstand die Great Western. Der Raddampfer war zum Zeitpunkt seiner Indienstellung das größte Dampfschiff der Welt. Das speziell für den Trans-Atlantik Verkehr konzipierte Passagierschiff unternahm 1837 seine Jungfernfahrt und war auf dieser Route 9 Jahre im Einsatz. Es folgte 1846 die Great Britain. Der Transatlantikdampfer war nicht nur dass erste propellergetriebene Schiff, es verfügte auch als Erstes über einen komplett aus Eisen gefertigten Rumpf. Nach langer Odyssee um die Welt, kann dieses Schiff heute hübsch herausgeputzt in Bristol besichtigt werden (ist eine eigene Geschichte). Beim dritten Schiff, der Great Eastern siegte dann 1858 leider der Größenwahn. Ausgeführt wurde es als Segel-Schrauben-Raddampfer. Schon das hört sich nach ‚ich kann alles’ an. Das Schiff bekam bei einer Länge von 211 m eine Kapazität von 4.000 Passagieren. Für die damalige Zeit war dieser Gigant der Meere völlig überdimensioniert und wurde schon nach kurzer Zeit zu einem Kabelleger umfunktioniert (auch wichtig…Internet!)


Swindon Railway Works
Brunel stellt 1837 einen junger Ingenieur ein, der die Aufgabe hatte, die Revisionen der vorhandenen Lokomotiven zu organisieren. Schnell erkannte man die Wichtigkeit einer zentralen Reparaturwerkstatt. Als Standort wählte man das damalige Dorf Swindon, an einem Verzweigungspunkt der Great Western Railway. Hier wurden 1840 die Swindon Railway Works gegründet. Das Dörfchen entwickelte sich schnell zur Eisenbahnerstadt. Hinzu kam, das man nicht nur die vorhandenen Lokomotiven reparierte, sondern auch recht zeitnah begann, eigene zu bauen. Der Niedergang begann nach dem letzten Weltkrieg. Inzwischen war die Einwohnerzahl auf 70.000 angestiegen. Fast die Hälfte der männlichen Bevölkerung arbeitete mittlerweile für die Bahn. Doch nun setzten sich bei den Eisenbahngesellschaften die neuen Diesellokomotiven durch und diese Technologie wurde in in Swindon nicht gefertigt. Das Ende des Lokomotivbaus kam 1962, die gesamte Anlage wurde 1986 geschlossen. Was aus den Mitarbeitern geworden ist? Entzieht sich meiner Kenntnis.


STEAM Museum of the Great Western Railway
Eine schöne Überleitung… Denn im Museum liegt der Fokus, von Brunel mal abgesehen, eindeutig auf den Mitarbeitern und deren Arbeiten im Werk. Sicherlich kommen auch die Dampflokfans nicht zu kurz (bin ich übrigens nicht…siehe hier). In der für die englischen Museen unnachahmlichen Art sind die Fahrzeuge im Kontext zur Zeit schön aufgebaut. (Ich persönlich glaube ja, das alle anderen Eisenbahnmuseen diese Idee der Darstellung im Kontext, naja, mehr oder weniger geborgt haben)








Der Breitspurbahn sind auch einige Exponate gewidmet. Das sogar Lokomotiven Einzug in die Sammlung gefunden haben, ist um so erstaunlich, da, wie gesagt, die letzten Gleise Ende des 19. Jahrhunderts abgebaut worden waren. Ist schon gewaltig. Der Mann ist übrigens Herr Brunel. Warum der sich so für die Breitspur eingesetzt hat? Nun, er war der Meinung, so höhere Geschwindigkeiten und mehr Fracht befördern zu können. Er hatte (angeblich) in Versuchen nachgewiesen, das sich auch der Fahrkomfort für die Reisenden verbessern würde. Eine Sache hatte Brunel aber nicht bedacht, die Mehrheit setzt sich immer durch! Vergessen wurden die Vorteile der Breitspur jedoch nicht, in den 40iger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde diese Idee in Deutschland wieder aufgenommen. Aus meiner unmaßgeblichen Sicht, wird dieses Projekt heute mit den falschen Argumenten belegt (Großmachtsfantasien), aber wenn man es rein technisch betrachtet… Naja…die ganze Geschichte hier.


Zurück zum Museum, zurück zu den Mitarbeitern. Schön werden nicht nur einzelne Werkstätten dargestellt, sondern auch die äußeren Lebensbedingungen des Einzelnen. Klar, das hier nicht auf die schwierige Lage des Proletariats eingegangen wird, wäre auch an dieser Stelle über das Ziel hinausgeschossen…aber doch ist es schön anzusehen.









Fazit
Im schönem Reigen der englischen Eisenbahnmuseen nimmt das STEAM Museum of the Great Western Railway sicherlich eine führende Rolle ein. Vor allem, das auch auf die Arbeiten rund um die Eisenbahn eingegangen wird. STEAM steht dem National Railway Museum in nichts nach! Einen Besuch ist es auf jeden Fall wert. Sicherlich kann man sich dort nicht den ganzen Tag aufhalten, aber entlang der Bahnlinie findet sich weiteres. Richtung London z.B. das Didcot Railway Centre. Leider nur am Wochenende geöffnet, bietet es eine große Auswahl an abgestellten und vor allem fahrbereiten Fahrzeugen. Nur die Website ist für die Augen sehr gewöhnungsbedürftig. In der anderen Richtung sollte man eine Halt in Bath einlegen. Hier ist nicht nur der Bahnhof sehenswert, sondern auch das, auf dem Bahnhofvorplatz angelegten Hotel Ensemble.


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