
Gut warum Train World nun Train World heißt, wird mir verborgen bleiben. Zumindest bin ich in Brüssel und hier scheint man nicht nur etwas für englisch übrig zu haben, sondern ist allgemein recht international aufgestellt. Auf den Bahnhöfen werden die Ansagen in französisch und holländisch, wichtige auch in deutsch und englisch gemacht. Das ist schön, wobei ich mich frage, ob es eigentlich auch eine belgische Sprache gibt. Ich glaube, mir hat mal jemand gesagt, das es das sehr wohl gibt, es sich aber nur um einen in Brüssel gesprochenen Slang handelt. Na gut, mir egal. Brüssel ist sowieso eine merkwürdige Stadt, das meine ich nicht abwertend, sondern eine Stadt der Gegensätze. Hier die schöne ‘Innenstadt’, dann die kleinen Häuser, wo direkt daneben bzw. dahinter Hochhäuser geklatscht wurden. Das sieht jetzt nicht nach dem großen stadtplanerischen Wurf aus, scheint hier aber gang und gebe zu sein. Da hätte man sich mal in den Zug nach Paris setzen sollen (der alle halbe Stunde fährt und nicht mal 90 min braucht…) und sich anschauen, wie die das gemacht haben! Weiter ist mir aufgefallen (ist nur ein Gefühl, aber vielleicht ist es ja wirklich so) die Eisenbahn trennt die Stadt, östlich der Citylinie ist das Prekariat zu hause, westlich das Establishment… Apropos Prekariat, die meisten Bahnhöfe haben ihre besten Zeiten lange hinter sich (und so ein paar Brücken wären auch soweit)…aber…man arbeitet dran…!


Anreise erfolgt am besten mit der Bahn. Die Nahverkehrszüge (auch S-Bahn) fahren alle 10 min. Vom Flughafen benötigt man mit einmal Umsteigen 20 min. Also wäre auch ein Tagesausflug möglich. Parkplätze sind in begrenzter Anzahl vorhanden.
- Öffnungszeiten: täglich außer Montag von 10 – 17 Uhr
- Adresse: Bahnhof Schaarbeek – Prinses-Elisabethplein 5 – 1030 Schaarbeek
- Website offiziell
Train World, eine Eisenbahn-Oper
So beschreibt es zumindest die Museumsbroschüre. Das mag bei näherer Betrachtung sogar stimmen. Mal übersetzt in die Generation iPhone, das Museum ist nicht nur 4K sondern 4D…! Echt…es riecht sogar nach Dampflok! Ich muss wirklich sagen, das hätte ich so nicht erwartet. Aber fangen wir am Anfang an. Am Anfang war der Bahnhof…der ist in der ursprünglichen Form erhalten und schick saniert worden. Er wurde in zwei Baustufen erstellt (1887 und 1920) und zur Museumseröffnung 2015 aufwendig instandgesetzt.

Die Empfangshalle des Bahnhofs ist gleichzeitig der erste Museumsbereich. Ansprechend ist vor allem, dass die sichtbare Größe erhalten wurde, heißt, die Halle wurde nicht komplett zugestellt, sondern eher moderat gestaltet. Das ist schön, bleibt doch so das repräsentative Raumgefühl erhalten. Gewidmet ist der Bereich der Reise…dem Beginn…! Am Anfang steht der Bahnhof, der Fahrkartenkauf. Und das sehen wir. Die Schalter sind im Originalzustand erhalten und mit allerlei eisenbahngeschichtlichen Artefakten versehen worden. Im weiteren Verlauf runden Bahnhofsmodelle den Bereich ab.








1. Akt Beginn
Es folgt ein kurzer Weg und schon ist der Neubau erreicht. Man tritt ins Dunkle, bleibt automatisch stehen, um die Szene in sich aufzunehmen. Auf einer durchscheinenden Leinwand werden die Meilensteine des belgischen Eisenbahnwesens dargestellt. Man riecht förmlich den Dampf der Lokomotiven. Ist es eingebildet oder nicht? Ich glaube, es riecht wirklich! Im Nachdenken geht man automatisch auf die Tiefe des Raumes zu, sieht eine Etage tiefer die ersten Lokomotiven im diffusen Licht platziert. Lokomotiven zum anfassen! Zu sehen die älteste erhaltende Lok Belgiens (Baujahr 1844), eine der ältesten Europas! Noch älter wäre die L’ELEPHANT (1839), wenn es denn nicht eine Replik wäre. Weitere Lokomotiven folgen, bevor der Bereich Schienenwege erreicht ist. So aufgebaut habe ich die Entwicklung der Gleise noch nicht gesehen…von den ersten Holzschienen zum modernsten Hochgeschwindigkeitsgleis, sehr interessant!











Es folgt eine Art Zwischenhalle. Es beginnt mit Uhren, Uhren und nochmals Uhren. Weitere Stücke folgen, man sieht alles, was an bei der Bahn so wegfinden kann…! Lampen, Schilder, Messgeräte und wieder Uhren… Alles charmant auf Hochglanz poliert und attraktiv beleuchtet.






2. Akt Ablösung

Da kommt was auf uns zu! Nein, da bewegt sich nicht wirklich was, aber es scheint. Eine imposante Schnellzuglok wird mit Licht zum Leben erweckt. Das hat was…und da ist er wieder…dieser unverwechselbarer Geruch. Diese Stromlinienlokomotive symbolisiert nicht nur den Höhepunkt des belgischen Dampflokbaus, es symbolisiert auch deren Ende und den Übergang in ein neues Zeitalter. Die Ablösung steht daneben. Nach dem letzten Krieg hat Belgien wie kein anderes Land auf die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken gesetzt. Natürlich ist es wirklich nur ein Symbol, da der Triebwagen rein technisch gesehen 4 Jahre älter als die Lokomotive ist. Egal! Auch in dieser Halle spürt man den Raum, die Größe…Fernweh…eben alles was Eisenbahn darstellt.





An der Seite wird kurz und prägnant erklärt wie Lokomotiven funktionieren. Ich muss sagen, das ist gut gemacht. Funktionsprinzip, die wichtigsten Teile, fertig. Lokomotiven Backstage…na das passt ja!




3. Akt Das Haus
Das…hält sich noch im Hintergrund! Erst einmal wird die Vorkriegszeit behandelt, die Zeit der beginnenden Mobilität, die Zeit der Luxuszüge, der Fernschnellzüge, aber auch der beginnende Verkehr der Berufspendler und Sommerfrischler! Und dann, das Haus! Was ist daran besonderes? Es war schon da! Die Halle ist drum herum gebaut worden. Was dieses Haus jedoch erhaltenswert gemacht hat, keine Ahnung und auch völlig egal!







4. Akt The Age of Travel
Willkommen in den 60igern… Es geht überall aufwärts, auch die Bahnen glänzen jetzt… Der neue europäische Zug Trans-Europ-Express erscheint Ende der 50iger und wird im folgenden Jahrzehnt zur vollen Blüte gelangen. Die belgische Staatsbahn ist zwar Gründungsmitglied, beteiligt sich aber nicht vom Anfang an der Zugstellung. Das ist auch nicht verwunderlich, Belgien ist ein zentrales Durchgang(fahrt)sland in Europa. Nicht nur die großen Nord – Süd Magistralen führen durch das Land, auch die Seehäfen und Seebäder werden mit Mitteleuropa verbunden.





Die Dampflokomotiven sind verschwunden, die meisten sind Strecken elektrifiziert, nur vereinzelt werden Diesellokomotiven eingesetzt. Und damit enden die großen Hallen. Es geht nach oben…




…im wahrsten Sinne des Wortes…nächstes Thema Brücken. Es beginnt mit einer Original Maas Brücke (Baujahr 1856) die in das Museum verbracht wurde. Es folgen Modelle der schönsten und technisch aufwendigsten Brücken des Landes.




letzter Akt die Moderne
Der letzte Akt endet mit dem Neuanfang! Moderne Züge…! Nun, die verlorenen Jahre, die Jahre des drohenden Niedergangs der Eisenbahn im ausgehenden 20. Jahrhundert, werden wie überall übergangen. Dem beginnenden Massenferntourismus war die Bahn einfach nicht gewachsen… Es hat Jahre gebraucht um sich neu zu positionieren. Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, man hat es geschafft.




Fazit Train World
Ein Muss! Der selbstgewählte Untertitel “Eisenbahn-Oper” der Macher von Train World, ist nicht einmal zu hoch gegriffen. Mich hat das durchaus überzeugt. Schön, die diffusen Lichtinstallationen, die passende Hintergrundmusik, die Gerüche (wie gesagt, vielleicht auch eingebildet) zu erleben. Zum Abschluss noch ein Hinweis auf die Museumsbroschüre. Da hat man sich richtig Mühe gegeben…auch in der deutschen Übersetzung! Herausragend!

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