
Wo ich ja nun schon in Lissabon war, folgt natürlich auch ein Bericht über diese schöne Stadt vor den 7 Bergen. Natürlich kommt die ‘Companhia de Carris de Ferro de Lisboa’ vor…! Ja…so sollte der Beitrag erst heißen, hätte heißen müssen sollen, aber damit kann kein Schwein was anfangen. Also Straßenbahn Lissabon, auch öde, na da hört sich doch ‘Eléctricos de Lisboa’ so viel besser an…! Schön, haben wir das geklärt. Aber zurück zur ‘Companhia de Carris de Ferro de Lisboa’, kurz CARRIS, dem Unternehmen das den Nahverkehr der Stadt verantwortet. Nach der Nelkenrevolution im Jahr 1974, wie viele andere Unternehmen von essentieller Bedeutung, verstaatlicht, gehören heute nicht nur Bus und Bahn dazu, sondern auch die Standseilbahnen, der Elevator Santa Justa und seit ein paar Jahren die Metro. Als Besucher denkt man immer zuerst an das Offensichtliche, das Sichtbare…das die Staßenbahn das Maß aller Dinge in Lissabon ist. Das täuscht…! Die CARRIS betreibt 604 Busse, 48 Straßenbahnen, 3 Standseilbahnen und einen Fahrstuhl! Nicht einmal 10% der Fahrgäste nutzen jedoch die Straßenbahnen, Standseilbahnen und den Fahrstuhl (wenn ich jetzt noch einmal Fahrstuhl schreibe…) naja…und die meisten sind wohl auch noch Touristen. Nun, die Carris hat ein echtes Problem. Die einzige Stadt, die ich kenne, wo der öffentliche Nahverkehr rückläufig ist. Und nicht nur ein bisschen, zwischen 2010 und 2016 wurden fast 25% weniger Passagiere befördert. Zum Vergleich die BVG in Berlin (ohne S-Bahn) nutzten zwischen 2014 und 2016 7% mehr Passagiere (ein sehr sehr merkwürdiges Dokument, dieser Geschäftsbericht-2016). Warum das so ist? Berlin weiß ich nicht (!), ich fahr nicht mit der BVG…! In Lissabon jedoch verlassen die Menschen die Stadt! Wo 1980 noch 800.000 waren, sind 2011 noch 550.000 gewesen. Die Stadt hat Probleme, hier ist nicht nur die Bausubstanz zu benennen, die an vielen Stellen katastrophal ist, auch der Verkehr ist teilweise lähmend. Als Besucher sieht man das natürlich nicht, naja, eigentlich doch, so man mal nach oben sieht. Glücklicherweise haben sich Investoren gefunden, die versuchen, die alten Bauten zu erhalten (Hotels). Braucht es auch, denn es sind die Besucher, die mit ihrer Anwesenheit dazu beitragen, dass lohnt, die Stadt zu erhalten!























Eléctricos de Lisboa / Straßenbahn
Zurück zum Thema. Die Geschichte der ‘Elektrischen’ beginnt im Jahre 1901, als die erste Pferdebahnstrecke umgebaut worden war. Dabei wurde gleichzeitig die Spurweite auf die noch heute bestehenden 900mm umgebaut. Ein Jahr später konnte das letzte Pferd (eigentlich waren es Maultiere, aber Maultierbahn hört sich irgendwie nicht gut an) in Rente geschickt werden. Mit dem elektrischen Antrieb konnten ab 1906 auch die Berge in Angriff genommen werden. Steigungen von bis zu 13,5% werden / wurden hier bewältigt. Die ganze Geschichte hier!





Wenn wir die Fahrzeuge betrachten, sehen wir nostalgische / historische Fahrzeuge vor uns. Warum ist das so? Nun, mal davon abgesehen, dass im Haushalt nie richtig Geld für neue Fahrzeuge vorhanden war, gibt es heute schlicht niemanden mehr, der solche Fahrzeuge zu einem vernünftigem Preis herstellen könnte und wollte. Der Markt für Trams hat sich aber in den letzten 30 Jahre derart konsolidiert, das es auch keinen kleinen mittelständischen Hersteller mehr gibt, der was anderes als Standard kann. Jetzt wird der eine oder andere sagen…schau doch mal nach Frankreich, da sehen doch die Trams in jeder Stadt anders aus. Das mag auf den ersten Blick so scheinen, aber denkt euch mal das Kopfstück (da wo der Fahrer sitzt) weg und Schwups…alles Einheitsbrei… Nur diese Kopfstücke sind individuell…! Also macht man in Lissabon das, was man schon immer gemacht hat, man modernisiert… Die jetzigen Fahrzeuge stammen zwar aus den Jahren 1939-40, sind aber 1995/96 in den heutigen Stand versetzt worden. Und wenn man mitfährt, langsam sind die nicht…! Die modernen Niederflurtriebwagen sind 1995 beschafft worden und, wenn man ein wenig näher herangeht, bedürften dringendst einer Modernisierung.








Bleiben wir bei den nostalgischen Zweiachsern. Wenn man den Begriff Straßenbahn Lissabon googelt, oder wenn man einen Lissabon Reiseführer aufschlägt, sticht einem sofort der Hinweis auf die Tram Linie 28 ins Auge. Hinweis dazu…’fährt durch die gesamte Innenstadt’, ‘muss man gemacht haben…!’ Hinzu wird auf den Fahrpreis hingewiesen. (1,45 € mit elektronischer Fahrkarte, beim Fahrer 3,90€) Das ist ja an sich gut. Man sollte aber nicht vergessen, das diese Strecke wirklich in JEDEM Reiseführer angepriesen wird und das führt dazu, das JEDER mit dieser Linie auch fahren will. Wer also eine kuschlige Rundfahrt mit vielen Anderen (auch stehend) möchte, ist hier genau richtig. Wie man die Linie 28 findet? Einfach an der Schlage anstellen! Gilt auch für die Linie 12, dort ist die Schlage zwar nicht ganz so lang (nur in ausgewählten Reiseführern empfohlen), aber vom Prinzip gilt das Gleiche wie für die 28. Gut, mein Mitleid hält sich in Grenzen. Hier noch ein schöner Beitrag aus dem Spiegel anno 2012...!



Gut, wer muss der muss, aber es gibt natürlich, wie immer, auch eine Alternative. Die ist zwar kostspieliger, aber, Sitzplatz garantiert! Klar meine ich die roten Bahnen der Firma Yellow Bus (ja…rot…gelb…), eigentlich ja ‘Carristur – Inovação em Transportes Urbanos e Regionais’. (Der Portugiese mag lange Namen!) Wie dem auch sei, ich empfehle in jedem Fall die, was stand da dran, “Hills Tramcar Tour”! Einmal rechts den Berg hoch, die Ebene kurz gestreift und dann links den Berg hoch. Dauert ca. 90min, also eher mehr, da stehende Autos immer wieder die Weiterfahrt erschweren. Aber die Fahrer nehmen es gelassen.






Überhaupt sehen die Fahrer vieles nicht so schwer…die Gleislage ist nicht so, wie die erreichten Geschwindigkeiten es scheinen lassen. Na sei’s drum. Wer sich gefragt hat, was der Fahrer mit dem Seil anfängt, das er hinten an der Bahn justiert. Der wechselt den Stromabnehmer. In der Ebene wird mit einem gefahren, wie wir ihn kennen. Bei den Bergfahrten jedoch, wird mit einem Stangenstromabnehmer gefahren. Diese, heute eher nostalgische Bauform, wird hier eingesetzt, da die Straßen eng und nicht genügend Freiraum für die ‘normalen’ Stromabnehmer ist… Ach ja…links sitzen, so die Bahnen im Uhrzeigersinn fahren (machen sie im Moment).
Ascensores de Lisboa / Standseilbahnen
Es gibt derer drei in Lissabon. Sie stammen noch aus der Zeit, als an elektrische Straßenbahn noch nicht zu denken war. Am Anfang wurden sie durch Wasserballast bewegt (was ich mir kompliziert vorstelle… wie das funktioniert… hier!), später mit Dampf. Im Zuge der Erschließung der Hügel durch die elektrischen Straßenbahn wurden die drei Bahnen auf elektrischen Antrieb umgestellt. Und seit dem hat sich nichts verändert! Im Einzelnen haben wir folgende Bahnen:
- Ascensor do Lavra 1884, Länge 182 m, Höhe 43 m, Steigung 25,0 %
- Ascensor da Bica 1892, Länge 260 m, Höhe 45 m, Steigung 19,1 %
- Ascensor da Glória 1885, Länge 265 m, Höhe 48 m, Steigung 18,0 %
Naja, wenn man denn vor den Bahnen steht, viel Aufwand für…! Wollen wir mal nicht meckern, das sind nun mal technische Denkmäler und so wollen wir die Fahrt genießen!













Elevador de Santa Justa
Mitten in der Stadt haben wir noch ein schönes voll funktionsfähiges technisches Denkmal. Die elegante Konstruktion des Elevador de Santa Justa, eigentlich ein schnöder Fahrstuhl, verbindet die Baixia mit den oberen Stadtteilen. Der Elevador wurde 1902 gebaut. ursprünglich durch eine Dampfmaschine angetrieben, verrichten deren Arbeit seit 1907 Elektromotoren. Es wird ein Höhenunterschied von 45m überwunden. Und von Oben…hat man einen fantastischen Blick über die Stadt.




Fazit
Auch wenn ich hier nur auf Verkehrsmittel eingegangen bin, sollten wir den Rest der Stadt nicht vergessen. Ich kann nur empfehlen, in dieser entspannten, entschleunigten Metropole halt zu machen. Hotels sind da, Restaurants an jeder Ecke (und dazwischen), normale Preise, nette Menschen, was will man mehr. Und wenn man schon in Portugal ist, ein Tagesausflug mit dem Zug nach Porto sollte man nicht verpassen. Vor allem, dort gibt es auch eine Straßenbahnlinie die mit historischen Fahrzeugen betrieben wird.

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