
Das…Crewe Heritage Centre. Na, da hab ich ja was gefunden. Ein Heritage Centre! Aber was heißt gefunden, bin da dreimal vorbei gefahren, aber immer hat das mit den Öffnungszeiten nicht gepasst. Wer sich fragt, was, wo Crewe ist, nun das ist eigentlich eine kleine Stadt in Ostengland…eine Stadt, die es ohne Eisenbahn nicht geben würde. Am Schnittpunkt der Strecken von Birmingham (London) Manchester, Liverpool, Holyhead (Dublin) und natürlich Richtung Wales wird der Bahnhof heute (nur) noch von 7 Eisenbahngesellschaften angefahren. 1831, beim Bau der ersten Eisenbahn lebten hier 70 Leute, 40 Jahre später schon 40.000! Heute (Zählung 2011) sind es gute 72.000. Gewachsen ist die Stadt mit der Eisenbahn. Was mit einer ‘einfachen’ Werkstatt begann, wurde zu einem Teil von BREL, der British Rail Engineering Limited. Man baute lange Jahre Lokomotiven für die britische Eisenbahn, hatte in Hochzeiten 20.000 Mitarbeiter. Heute sind nach Privatisierung und Übernahme durch Bombardier Transportation noch ganze 600 Leute beschäftigt. Wer mal sehen will, wie eine Dampflok gebaut wurde:
Crewe hatte auch einen der größten Rangierbahnhöfe, Basford Hall Yards, der mit Beginn des Niederganges der Britischen Eisenbahnen 1972 geschlossen wurde (siehe auch Beeching Axe). Es gibt noch ein, von DB Schenker Rail UK, betriebenes Depot und natürlich das BENTLEY Werk. Ansonsten scheint man in der Stadt den Strukturwandel gut hinbekommen zu haben.




Wie dem auch sei… Die Stadt selber, naja, mein Vorschlag wäre eher, den Besuch des Crewe Heritage Centre mit Liverpool und/oder Manchester zu verbinden. (wobei, aus der Perspektive würde ich eher zu Liverpool tendieren…aber…bitte nicht enttäuscht sein).






Gut die Anreise gestaltet sich unkompliziert. Aus allen Richtungen kann man relativ schnell in Crewe sein… Ein kurzer Fußweg und schon ist man da. Parkplätze sind auch genügend vorhanden (Einkaufszentrum).
- Öffnungszeiten: zwischen Ostern und Ende September jedes Wochenende
- Adresse: Crewe Heritage Centre, Vernon Way, Crewe CW1 2DB, UK
- Website offiziell
Rundgang Crewe Heritage Centre
Kommen wir doch noch einmal zum Namen zurück. Wer sich jetzt etwas großes, schönes vorstellt, wird vermutlich enttäuscht. Es ist weder groß, noch schön… Aber egal, schauen wir uns um. Ein paar Lokomotiven in unterschiedlichen Erhaltungszustand. Nicht nur die üblichen Dampf-, sondern auch Diesel- und Elektrolokomotiven sind zu besichtigen. Nun, nicht wirklich herausragendes, aber sicherlich schön anzusehen…









APT-P
Kommen wir mal zu dem (!) Highlight der Ausstellung. Dem Advanced Passenger Train! Hier muss ich ein wenig ausholen. Anfang der 1960iger Jahre war die British Railways praktisch pleite. Die Streckenschließungen durch Beeching (Beeching-Axe) war nur der Anfang. Um der wachsenden Konkurrenz durch die Fliegerei entgegenzutreten musste man jedoch die Geschwindigkeit auf den Hauptstrecken erhöhen und das, ohne viel Geld auszugeben. Es entstand die Idee des HST125 Systems (High Speed Train 125 Meilen schnell). Es entstand ein klassischer Dieseltriebzug, der seit 1976 im Einsatz ist. Die Züge konnten/können ihre Höchstgeschwindigkeit von 201 Km/h jedoch nur auf der East Coast Main Line (London-Edinburgh) und der Great Western Railway (London-Bristol) ausschöpfen. Gut, 40 Jahre später wirken die Züge vielleicht ein wenig antiquiert, aber ich freue mich immer, wenn ich einen sehe oder damit fahren kann…!




Für die (mehr oder weniger) gerade Strecken waren die Züge perfekt geeignet, aber für die West Coast Main Line (London-Birmingham-Glasgow) mussten jedoch andere Wege gefunden werden. Hier konnte man entweder die Strecken neu trassieren oder die Züge mit Neigetechnik auszurüsten. Die Idee ist schon etwas älter (Ende der 1930iger, Franz Kruckenberg), mit der Umsetzung haperte es aber. Das wollte man nun in vielen Ländern ändern. Schnellere Geschwindigkeiten auf vorhandenen Strecken war ein verlockendes Ziel… (letztlich waren die Italiener die Sieger!). Aber zurück auf die Insel. Hier schuf man mit dem Advanced Passenger Train Experimental einen ersten Versuchsträger, der noch mit einer Gasturbine angetrieben wurde. Der Zug sah recht, mhmm, handgemacht aus. Der Zug war nicht lange im Einsatz, letztlich wurde ihm die Gasturbine zum Verhängnis. Er steht heute im National Railway Museum in Shildon!




Die Erkenntnisse, die mit dem APT-E gewonnen wurden, mündeten im ATP-P (Prototyp). Das Fahrzeugkonzept war vielleicht auch noch nicht ganz ausgereift, hatte man doch den Antriebsteil in der Mitte platziert, oder wenn man will an einem Ende. So mussten zwei autarke Halbzüge mit den Antriebsteilen in der Mitte gekoppelt werden. Die beiden Antriebsteile waren nötig, um die Antriebsleistung für die bergige, kurvenreiche zur Verfügung zu stellen. Obwohl die Antriebswagen nebeneinander lagen, durfte auf Grund der schlechten Fahrleitungsverlegung immer nur ein Stromabnehmer anliegen. Ein weiterer Nachteil war, das die Passagiere nicht den Zugteil wechseln konnten, unschön auch für das Personal, das so in doppelter Anzahl verfügbar sein musste. Wenn man es aber aus der Perspektive betrachtet… Es wurden drei Züge gebaut…und…es wurde ein Desaster! Die Entwicklung begann 1972, der erste Zug sollte 1977 starten, aber erst 1981 war es dann soweit! Schlechte Presse (gab es damals schon), erhebliche technische Problem beendeten den “Plan”Dienst nach 3 (!) Tagen. Unglaublich… Die Züge wurden wirklich nicht mehr im regulären Dienst eingesetzt, 4 Jahre später ausser Dienst gestellt und ein Jahr später wurden zwei verschrottet. Der Letzte steht nun hier…










Die Inneneinrichtung würde man heute als echt ‘Retro’ bezeichnen… Rotkariert 2.Klasse, Blau 1.Klasse, Retroplastik Speisewagen!



Wer noch nicht genug hat, hier weiterführenden Informationen Deutsch / Englisch und noch zwei Filmchen:
Fazit
Es ist schwer, eine Einschätzung zu geben. Einerseits möchte man die unterstützen, die sich um die Exponate kümmern, andererseits ist es nicht gerade viel zu sehen. Der APT ist aussergewöhnlich und ja, vielleicht doch ein Besuch wert. Ach, was ich vergaß, vom Stellwerk kann man ganz hervorragend den Zugverkehr beobachten!
Sehr informativ – danke! War der Anlass deiner Reise ausschließlich ein Besuch in Crewe Museum oder ? Viele Grüße Jürgen
Nein, das lohnt nicht! Die Reiseroute in diesem Fall London – York (National Rail Museum) – Shildon (National Rail Museum) – Newcastle – Derby (Tramway Museum) – Liverpool (Crewe) – Manchester. Bericht NRM folgen noch. Ich war gern und oft in UK. Die haben so schöne bunte Züge. Es folgen da noch ein paar schöne Berichte…